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Hitler: The Rise of Evil. Kan./USA 2003 225 min. Vierteilige TV-Miniserie.
Am 24./25.09.2004 auf RTL II als Zweiteiler, am 25.09.2004 als Einteiler.

Wie das Böse aufsteigen konnte, wird einem nach Konsum dieses Fernsehfilms
nicht wirklich klar. Fest steht aber, daß das Drehbuch wirklich böse ist.
Eine kurze Darstellung des Aufstiegs des Adolf H., relativ faktengetreu mit
viel künstlerischer und dramaturgischer Freiheit und Verkürzungen auf
Holzschnittniveau, mit chargierenden Schauspielern. In wenigen Schnitten
die Kindheit- daß das Böse dem Knaben nicht noch aus den Augen leuchtete,
war alles. Jeder bessere Horrorfilm beginnt mit solchen Knaben und Mädchen,
vor denen einem schaudert- gleich passiert ´was...

Eine US Miniserie für das TV, mit einem Mini-Hitler. Der wird von Robert Carlyle
fast mitleiderregend eindimensional gespielt- eine verquaste, komische, nervige
Figur. Wie diese Type ganz nach oben kommen konnte- das bleibt wirklich
rätselhaft. Das dem Hitler von allen Zeitgenossen zugestandene rhetorische
Talent und die ihm attestierte fast magische Anziehungskraft seiner Stimme
und seiner Redekunst- nicht die Inhalt seiner Reden- wird im Film nicht an-
nähernd in der Darstellung angestrebt.

Hitler als Soldat: Im Film ist Hitler eine nervige, unsympathische Mickymaus,
im wirklichen Leben seinen Kameraden wohl irgendwann im Krieg verloren-
gegangen wäre. Filmzitat: „Mensch Addi- du hast doch nur Scheiße im Kopf".
Genauso ist es wohl gewesen.

Zumindest der Teil über den Weltkrieg ist ausstattungstechnisch für einen
amerikanischen TV-Film noch im grünen Bereich, später schlampt die Requisite
und Ausstattung gewaltig, und die Berater waren wohl auch nicht die erste
Garnitur.

Richtig sinnentlehrt sind die dramaturgischen Einfälle, dem jüdischen Leutnant
einen Siegelring mit Davidstern an den Finger zu geben, und der Brüller ist, den
Hitler das EK I am Mantel tragen zu lassen- das muß nach Drehbuch so sein, weil
sich gerade dort am Orden beim Gasangriff die Bänder seiner Gasmaske verheddern.
Dann kommt er gaskrank nach Pasewalk in´s Lazarett, und dann beschließt er,
Politiker zu werden...

Daß der Musketier als "Infanterist" angeredet wird, er selbst einen Offizierstell-
vertreter als "Oberfeldwebel" anredet und auf dem rechten Absatz kehrt macht,
sind kleinere Detailfehler, die aus der Masse herausragen.

Was im Film faktisch nicht herausgearbeitet wird, sind die Umstände, wie der
Hitler Adolf in bayerischer Uniform in den Krieg zieht - er ist 1913 nach München
gezogen, weil er vor dem Musterungsbefehl im k.u.k. Österreich weggelaufen war.
Auch wird seine Tätigkeit 1918/19 für die nachrichtendienstliche Abteilung nicht
ausreichend beleuchtet- schließlich ist er ja in dienstlichem Auftrag in die D.A.P.
als V-Mann eingetreten. (Parallelen zum heutigen Verfassungsschutz und
Funktionären in rechstradikalen Parteien und Vereinigungen sind rein zufällig.)
 
 

Zum Film: Eine Marschkolonne Feldgrauer am 29.10.14 nähe Wervick in Flandern
kriegt Feuer- da ist der Hitler mittendrin. Die Soldaten tragen Pickelhaube mit dem
Überzug R über 16, und zumindest beim Addi sieht man links die bayerische Kokarde.

Soweit korekt, aber interessanterweise auch anzweifelbar. Das bayerische Reserve-
Infanterie-Regiment Nr. 16, nach seinem am 31.10 .14 bei Ypern gefallenem Kommandeur,
Oberst Julius List, später auch "Regiment List" genannt, wurde im September 1914
aus zusammengelegten Feld-Bataillonen aufgestellt. Knapp aus Ausrüstungsmaterial
und Bekleidung, trug das bayerische R.I.R.16 zunächst keine Helme, sondern wurde
per 16.09.14 mit Wachstuchmützen plus feldgrauem Überzug bzw. schilffarbenen
Schirmmützen ausgestattet. Statt Tornister Rucksäcke, ausgestattet mit dem
Gewehr 88. Weil das Regioment List beim ersten Einsatz in Frontnähe eigenes
Feuer bekam, weil die Soldaten wegen der Mützen für Engländer gehalten wurden,
erfolgte die Umrüstung auf Helme- bis zum 10.11.14 abgeschlossen.


Bilder: R.I.R. 16 im September 1914- auch die Offiziere mit Wachstuchmütze.
Bildmitte links: Oberst Julius List.

Daß der Erste Weltkrieg im Film wohl nicht mehr als drei Drehtage gekostet hat,
überleben alle Darsteller in der gleichen, knitterfreien Montur bis 1918.

Adolf H. im Kameradenkreis. Rechts: Buchseite mit seiner Erkennungsmarke
und einer Reproduktion derselben- "Bay.I.R.16  1.Comp. 148". Man beachte
den Hund.

Über die Zeit Hitlers als Soldat im Krieg, von der Sebastian Haffner schrieb,
die Zeit in der er zum ersten und einzigen Male eine Art Bildung erhielt, ist
recht wenig bekannt. Im Staatsarchiv zu München liegen neben anderen
Papieren sein Soldbuch unter Verschluß. In seinem ersten Buch "Mein Kampf"
erfahren wir von ihm selbst keine Details, in der Regimentsgeschichte des bayer.
R.I.R. 16 taucht er nicht auf, und in dem 1931 erscheinenen Buch seines Kriegs-
kameraden "Meldegänger Adolf Hitler" erfahren wir neben positiven menschlichen
Details auch nichts Konkretes.

Nach 1933 senkte sich Dunkelheit um dieses Kapitel, und nach dem Anschluß
Österreichs 1938 hat der Führer und Reichskanzler dann vergebens nach seinen
Militärakten in Österreich fahnden lassen- die wurden erst nach 1945 aufgefunden.
(Der P.G. Bormann soll seine Finger darauf gehabt haben)

Ansonsten hielten sich seine Kriegskameraden in der Zeit nach 33 bedeckt; sein
Vorgesetzter,der jüdische Offizier Gutmann, emigrierte 1939. Auch bei den Kriegs-
verbrechertribunalen in Nürnberg 1946 lagen Militärakten und -papiere nicht vor,
Vorgesetzte Hitlers wurden jedoch als Zeugen zu seiner Zeit als Soldat vernommen.

Hierbei wird auch der Treppenwitz der Geschichte begründet. nachdem der
"Führer" Hitler nicht zum Unteroffizier befördert wurde, weil es ihm an "Führungs-
eigenschaften" gemangelt habe. (Leutnant Wiedemann).Tatsächlich teilt er das
Schicksal eines vierjährigen Kriegsdienstes ohne Beförderung zum Unteroffizier
mit mehreren Millionen weiterer Soldaten- insofern nichts ungewöhnliches; in
einigen Publikationen wird behauptet, er hätte als Ausländer nicht mehr als den
Gefreitenrang in der bayerischen Armee erhalten können; andere Meinung ist, daß
Hitler keine Beförderung wollte, weil er sonst die Meldegängergruppe hätte
verlassen müssen.
 

Fundstücke zur Militärdienstzeit des A.Hitler:

Am 24.05.1913 meldet sich der Kunstmaler Hitler in Wien polizeilich ab und über-
siedelt nach München. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits die Aufforderung
zur "Verzeichnung" (Musterung) erhalten. Er wird als "Militärflüchtiger" polizeilich
gesucht. Am 29.12.13 bittet die Polizei Linz bei der Münchener Polizei um Amtshilfe.
Am 10.01.14 teilt die Münchener Polizei den Linzer Kollegen mit, daß der Gesuchte
in München polizeilich gemeldet ist.

Am 18.01.14 wird Hitler von einem Kripo-Beamten festgenommen und in die
Polizeidirektion Ettstraße verbracht. Am 19.01.14 wird er dem österreichischem
Konsul in München zur Vorbereitung der Auslieferung vorgeführt. Dort drückt
der Vorgeführte auf die Tränendrüse und setzt ein unter- und erbarmungswürdiges
Rechtfertigungsschreiben auf. Der Konsul erwirkt, daß er sich zur Nachmusterung
melden darf. Am 05.02.14 stellt sich Hitler in Salzburg der Musterung .

"Zum Waffen- und Hilfsdienst untauglich- zu schwach."

Nach Kriegsausbruch reicht Hitler am 01.08.14 ein Gesuch an den bayerischen
König, als Österreicher in ein bayerisches Regiment eintreten zu dürfen. Dem Gesuch
wird am 02.08.14 (!) stattgegeben. Der Kriegsfreiwillige tritt am 16.08.14 in das
bayerische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 16 ein.

Im Oktober verlegt das Regiment an die Westfront. Hitler dient in der 1. Kompanie,
Stammrollennummer 148. R.I.R. 16 als Teil der 6. bayer. Armee in der VI. Armee
vor Ypern.
Am 08.10.14 auf den Bayerischen König vereidigt, und später auf den Kaiser von Ö.-U.
29.10.14 Einsatz östlich Ypern
November 14 bei Messines als Meldegänger
EK II am 02.12.14
24.12.14 Weigert sich, am "Weihnachtsfrieden" teilzunehmen
Bayerisches Militär-Verdienstkreuz III.Klasse ??Datum??
1915 Beförderung zum Gefreiten; Einsatz bei Artois
Verwundet 05.10.16 bei Bapaume Granatsplitter im linken Bein
danach Ersatzbataillon in München
ab Februar 17 wieder im Westen
Sommer 17 Regiment List bei Ypern
Herbst 17 Regiment im Elsaß
Jahreswechsel 17/18 Regiment an der Aisne
Verwundetenabzeichen ??Datum??

EK I am 04.08.18
Hier stimmt irgendetwas nicht:
Für das EK I wurde er von dem (jüdischen) Leutnant d.R. Hugo Gutman,
vorgeschlagen, und zwar hatte dieser den Meldegängern für die Überbringung
einer wichtigen Botschaft(Die Fernsprechkabel waren zerschossen) dieses
ausdrücklich "ausgelobt". Dieses ereignete sich im Mai; er hat mit dem Vorschlag
aber noch zwei Monate gewartet, und bestätigt wurde der Vorschlag vom
Freiherr von Godin, der vertretungsweise das Regiment vom 26.07. bis
04.08.18 führte. Es fehlt auch eine sonst übliche, begründende hervorragende
Einzeltat- ganz pauschal wird von der andauernden Tapferkeit und vom Einsatz-
willen in schwierigen Situationen gesprochen. Hitler hat das EK I auch nicht
getragen- in "Mein Kampf" mit der Begründung: Aus Protest- "Wir hatten einen
Juden in unserem Regiment, Gutmann,  eine unvergleichlich feige Person. Er
trug das Eiserne Kreuz I. Klasse. Es war.. herabwürdigend und entehrend.."
Erstaunlicherweise lebt Gutmann bis 1939 relativ unbehelligt als Möbelhändler
in Nürnberg und emigriert dann mit der Familie über Belgien (1939) in die
USA (1940). Hitler trägt das EK I erst ab 1927, dann aber ständig.

Oktober 18 Regiment wieder vor Ypern
14.10.18 Gasvergiftung
Reservelazarett Pasewalk bei Stettin
21.11.1918 Entlassung aus dem Reservelazarett Pasewalk.
Arbeit auf der Kleiderkammer; Wachsoldat im Kriegsgefangenenlager Traunstein.
Dezember 19: Angehöriger der Abteilung Ib/P des bayerischen Reichswehr-
gruppenkommandos 4 (Ib/P Nachrichten/Politisch)
April 1919 vom Freikorpstruppen Epps als vermeintlicher Sozialist verhaftet und
wieder freigelassen; Kommandierung: Hält propagandistische Vorträge für heim-
kehrende deutsche Kriegsgefangene im Auffanglager Lechfeld.
September 1919: Eintritt in die D.A.P.
01.04.20 Ausscheiden aus dem Heer
 

Ansonsten wird der Hitler Adolf von kameraden und Vorgesetzten im Nachhinein
zwiespältig beurteilt- hier spielt natürlich auch eine Rolle, ob die Angaben vor
oder nach 1933 oder nach 1945 gemacht wurden. Er ist zurückhaltend, introvertiert,
pflichtbewußt, patriotisch, hält gerne endlose politische und patriotische  Monologe,
raucht nicht, trinkt wenig, besucht nie eines der Etappenbordelle, nervt mit Ermah-
nungen der Kameraden über über Soldatenpflichten, zeichnet gerne ( Nicht ein Bild
ist erhalten), gehorcht jedem Befehl. Andere meinen, er hätte sich im Anzug und
Haltung manchmal gehen lassen, oft bei Vorgesetzten die Hacken nicht zusammen-
geknallt. ( Auch ein Grund, nicht befördert zu werden .)

All das kann in 15 Minuten Film natürlich nicht gezeigt werden, obwohl die Sache
mit dem EK I , die Wandlung vom Militärflüchtigen in Ö. zum Kriegsmutwilligen  in D.
und vor allem die Tätigkeit bei Ib/P hochinteressant gewesen wären.