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Den Anfang in unserer Sammlung „Fundstücke" macht die Biographie
Marlene Dietrichs: „Die Wahrheit über mich gehört mir" des Amerikaners
Steven Bach, erschienen 1993. Das Buch ergeht sich in Flüchtigkeiten
und Halbwahrheiten, zur gerechten Strafe erscheint es in einer derart
seelenlosen und hölzernen deutschen Übersetzung, daß ihm die große
Leserschaft - vollkommen zu Recht-  versagt geblieben ist.


Anbei in Leseproben- über den Vater Marlenes:
 

„...Polizeileutnant Dietrich (geboren 1868) war damals dreißig Jahre alt
und nach den Maßstäben der Jahrhundertwende ein gutaussehender Mann:
Stämmig und breitschultrig, vermittelte er den Eindruck großer Charakterstärke.
Zwar hatte er nicht das kaiserliche Gardemaß und die schneidige Wespentaille;
er war eher untersetzt, besaß ein hübsches breites Gesicht, eine gerade Nase
und jene tieffiegenden Augen, die seine Tochter von ihm erbte. Über seinem seltsam
melancholischen Mund zwirbelte sich der Kaiser-Wilhelm-Schnurrbart, und dank seiner
aufrechten, militärischen Haltung saß die Uniform makellos und die Spitze seiner
Pickelhaube kerzengerade, wie sich das gehörte.

....Sicher war der Posten bei der kaiserlichen Polizei nichts Großartiges, doch in einer
Zeit und einem Land, wo jeglicher Autorität größter Respekt gezollt wurde, genoß er
unumstritten ein gewisses Ansehen. Selbst die eng geschnürten Damen unter ihren
Sonnenschirmen traten beiseite, um einem Mann in einer schmucken Uniform auf der
Straße Platz zu machen. Jeder Polizeibeamte hatte fünf Jahre Dienst bei der Armee
abzuleisten, und sogar gewöhnliche Streifenpolizisten wie Marlenes Großvater Erich
mußten zwei jahre beim Militär nachweisen, um ihre Laufbahn einschlagen zu dürfen.

Louis Erich Otto Dietrich war in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts bei der
leichten Kavallerie des Ulanenregiments gewesen. Er tat sich nicht besonders hervor,
dennoch wurde er mit einigen Orden und Medaillen ausgezeichnet, die später seine
pflaumen-blaue Polizistenuniform schmückten, darunter die Medaille vom japanischen
Roten Kreuz, die wahrscheinlich aus den Jahren 1895-1897 stammte, als Kaiser Wilhelm
im Fernen Osten heftig, aber erfolglos mit dem Säbel rasselte. Auf einer dieser unglück-
seligen Unternehmungen hat der junge Kavallerist vielleicht ein paar Gewehrschüsse
gehört und womöglich auch einmal einem Kameraden das Leben gerettet — jedenfalls
prangten bei seiner Rückkehr nach Berlin die Beweise von Pflichterfüllung, Disziplin und
Ehre auf seiner Brust. Möglicherweise hat ihm die Umstellung zum Staatsbeamten mit
Stehkragen die Flügel etwas gestutzt, doch der Säbel blieb an seiner Hüfte — allerdings
stets in der Scheide.

Bei der kaiserlichen Polizei waren Männer mit Auszeichnungen sehr willkommen, ebenso
wie Eheschließungen mit Frauen aus gutem Hause. So besessen war man dort von Status
und Prestige, daß der Vorgesetzte jedes heiratswilligen Beamten die Mitgift der zukünftigen
Angetrauten taxierte, als handle es sich dabei um eine Frage von größter strategischer
Bedeutung. Zwar war Josephine Felsings Mitgift in den Augen der kaiserlichen Polizei
durchaus annehmbar, doch als gesellschaftlich vorteilhaft konnte die Partie nicht gelten,
schon gar nicht für die Familie Felsing....".
 

über den Kriegsausbruch:

„..Der August 1914 veränderte die Welt und mit ihr auch Marlene. Großspurig versprach
der Kaiser, alles werde vorüber sein, »bevor die Blätter fallen«, doch diese Vorhersage
entpuppte sich als genauso falsch wie viele andere seiner Prophezeiungen — eine lange
Zeit des Leids und der Katastrophen brach an.
Marlene war damals erst zwölf Jahre alt. Leutnant von Losch, Josephines Arbeitgeber,
befand sich zu dieser Zeit auf Manöver außerhalb Berlins, und damit er bei den bevor-
stehenden Siegen seinen Teil beitragen könne, beförderte man ihn eilig zum Hauptmann.
Von soldatischem Instinkt geleitet, beschioß er, seinen Haushalt von der Hauptstadt
auf seinen Familienbesitz in Dessau zu verlegen, und Josephine und ihre Töchter zogen
mit. Eine letzte Kindheitserinnerung prägte sich Marlene ein, als sie Berlin verließen: Der
Anblick der »Soldaten, die durch die Straßen marschierten, Blumen in den Gewehrläufen,
wie sie lachten und sangen, den umstehenden Frauen Kußhände zuwarfen, wie die Fahnen
aus den Fenstern wehten ... Barbaren, die den Ausbruch des Krieges feierten.«..."
 

über die Schulzeit im Krieg:

„..Jede Schule war in dieser Zeit eine Garnison für zukünftige Soldaten des Kaiserreichs.
Man schirmte die Kinder nicht etwa vom Krieg ab; ganz im Gegenteil: Er war ein heimtückisch
verführerischer Bestandteil des täglichen Lebens.Statt Henny Porten anzuhimmeln, mußten
Marlene und ihre Schulkameradinnen jetzt in den Kinos Propagandafilme über sich ergehen lassen,
die von einer neuen Produktionsgesellschaft namens Ufa (eine Abkürzung für Universum Film
Aktiengesellschaft) hergestellt und hinter den Kulissen vom Kriegsministerium und General
Ludendorff finanziert wurden.

Zur Abwechslung gab es hin und wieder auch einen Henny Porten-Film, aber selbst Henny
verblaßte neben den alliierten Greueltaten, die im Vergleich zu den gloriosen Siegen und dem
edlen Heldentod von Wilhelms treu ergebenen Soldaten so feige und niederträchtig wirkten.
Die Mädchen beteiligten sich an Sammelaktionen für Kartoffeln und Kohien. Manche Abende
verbrachten sie auf dem Bahnhof, wo sie für die Soldaten, die zur Front führen, Abschiedslieder
schmetterten (mit jedem Mal waren es jüngere Männer, die in den Krieg geschickt wurden),
oder sie sangen in den Lazaretten für die Verletzten und Sterbenden. Die Jungen zogen von
Tür zu Tür, um Kriegsanleihen zu verkaufen (fiir einen Mindestbetrag von zwei Mark), und
stellten dafür Quittungen aus, die nie eingelöst wurden. Oder sie arbeiteten als Straßenfeger:
So ersetzten sie die Männer, die fürs Vaterland starben..."
 

und, weil es so schön ist,
über das Ende der Hyperinflation 1923:

„...Ohne Arbeit war kein Überleben möglich. Als Marlene und Rudi heirateten, schien
die Inflation ihren Höhepunkt erreicht zu haben, doch im November kletterte der
Wechselkurs auf 4,2 Billionen Reichsmark pro Dollar; das Papiergeld wurde pfundweise
gehandelt. Wirtschaftsexperten prophezeiten einen Kurs von astronomischen zwölf
Billionen, und das war selbst den rachsüchtigen oder dollarschweren Alliierten zuviel.
Glücklicherweie ging das fünfjährige Inflationsfieber zurück, als mit dem amerikanischen
Dawes-Plan einfach alle Nullen (ein Dutzend) weggestrichen wurden und der Wechselkurs
nunmehr bei 4,20 Reichsmark pro Dollar lag. Jetzt stand den »Goldenen Zwanzigem« nichts
mehr im Wege..."

und, weil es so beschissen
übersetzt und formuliert ist, noch:

„...Während sie auf der Berliner Bühne ihre Beine schwang, arbeitete Klein an einer
Musikrevue. »Wir brauchten mehr Sex-Appeal auf der Bühne, und da fiel mir Marlene
wieder ein. Wir riefen sie an und fragten, ob sie irgendwelche besonderen Fähigkeiten
hätte, die sich für eine Revue eigneten. Sie sagte, daß sie Geige und Säge spielen konnte.
Ich hatte nie jemanden die singende Säge spielen hören und bat Marlene, uns ihre Kunst
am nächsten Tag vorzuführen ... Sie spreizte die Beine, steckte die Säge dazwischen
und spielte.« Und bekam den Job..."



Die Säge hatte sich Miss Dietrich natürlich zwischen die Knie geklemmt und nicht zwischen die
Beine gesteckt- das wäre wohl die bessere Übersetzung gewesen. Übrigens zeichnen für die
deutsche Übersetzung des Buches aus dem Amerikanischen gleich drei Autoren- alles Frauen.


Gefunden in dem Kinder/Jugendbuch
„Bunter Bilder-Kosmos -Menschen und Waffen 1870 bis heute"
Stuttgart, 1977.

Hier hat der spanische Illustrator die deutsche MG-Mannschaft
durchnummeriert, da ihm die Bedeutung der Regimentsnummern
offensichtlich nicht wirklich geläufig war.Nr. 31 und Nr. 35 am MG,
Nr. 32, 33 und 34 holen gerade Munition.