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Gleich zu Beginn des Krieges, oft schon zeitgleich mit den Mobilmachungen und damit vor dem Beginn der eigentlichen Kampfhandlungen, begann in allen kriegs- führenden Staaten die Internierung von Zivilisten, die nach Staatsbürgerschaft, Nationalität oder Herkunft Angehörige einer feindlichen Nation waren und damit als potentiell gefährlich angesehen wurden. Die Gastarbeiter, Reisenden, Schiffsbe- satzungen u.a. wurden somit zu den ersten Gefangenen des Weltkrieges. Und auch als die Kampfhandlungen im November 1918 offiziell endeten, bedeutete dies nicht die Freiheit für alle Zivil- und Kriegsgefangenen. Erst im Jahr 1922 wurden die letzten Gefangenen repatriert; dazu zählen auch mehrere tausend am 22.12.1922 aus französischen Lagern entlassene deutsche Soldaten.

Im Jahr 1914 wurden weltweit 180.000-220.000 Zivilisten interniert und in Lagern unter Bewachung verbracht. Da allerseits mit einem raschen Kriegsende ( ...bis Weihnachten...) gerechnet wurde, behielten die Lager in der ersten Zeit einen pro- visorischen Charakter. Diese Form der Internierung wurde von den Betroffenen selbst naturgemäß als unangemessen, die Lager, die Lebensverhältnisse in ihnen und die Bewachung als belastend und unangenehm empfunden. Eine große Zahl der im britischen Empire lebenden, naturalisierten Briten deutscher Herkunft  wurden interniert, wenn sie vormals in den deutschen Armeen gedient hatten. Im weiteren Kriegsverlauf, als man sich auf eine längere und unbestimmte Dauer des Konflikts einstellte, änderten sich die Behandlung und die Lebensumstände der internierten Zivilisten. Insbesondere kam es via neutraler Staaten wie den Nieder- landen, Schweden, Schweiz und Norwegen zum Austausch einer großen Zahl Frauen, Kindern und für nicht wehrfähig gehaltener Männer. Auch besserten sich die Ver- hältnisse für die verbliebenen Internierten, die naturalisierten Briten deutscher Herkunft und die in Übersee frisch eingewanderten Deutschen wurde teilweise mit, teilweise ohne Auflage in ein Zivilleben entlassen; dies beinhaltete auch die Heranziehung zur Wehrpflicht.

Auf beiden Seiten verblieben insgesamt wenige zehntausend Internierte im Lagerleben, wobei sich die Verhältnisse aber überwiegend zum Erträglichen veränderten. Die Internierungslager wurden von Vertretern des Internationalen Roten Kreuzes und der neutralen Staaten überwacht; die Art und Weise der Internierung entsprach den Normen des damals geltenden Völkerrechtes. >Ganz anders stellte sich die Situation für eine andere Gruppe von Zivilgefangenen dar, für die die Verwendung des Bezeichnung „Internierung" für ihre Situation Hohn sprechen würde. Die Rede ist von den völkerrechtswidrigen Deportationen und Verschleppungen von Zivilisten. Die krassesten Fälle ereignen sich gleich zu Beginn des Krieges:1914 werden von den Russen 11.000 Einwohner Ostpreußens- Männer, Frauen, Kinder- verschleppt und nach Sibirien deportiert. Aus den zeitweise beim Vormarsch 1914 und den bis Kriegsende von den Franzosen besetzten Gebieten im Elsaß  werden 5.000-8.000 überwiegend männliche Einwohner nach Frankreich verschleppt und inhaftiert, einige hundert zum Dienst in der französischen Armee gepreßt. 1914 und Anfang 1915 werden im besetzten Belgien ca. 6.000 bis 7.000 überwiegend männliche Einwohner als „Franktireuers" oder „Besatzungsgegner"  nach Deutschand verschleppt und inhaftiert.

Dabei werden in allen drei Fällen Zivilisten getötet- zumeist in zeitlicher und räumlicher Nähe zu den Kampfhandlungen. Als „Freischärler", „Spione" „Franktireurs" von den jeweiligen Besatzungstruppen standrechtlich erschossen, gelegentlich erfolgen auch völlig willkürliche Hinrichtungen außerhalb des Standrechts. Insgesamt fallen im Elsaß 90-120, in Ostpreußen bis zu 3.000, in Belgien bis zu 7.000 Zivilisten den Besatzungsmächten zum Opfer. Nach der Niederlage der russischen Truppen bei Tannenberg befürchtet der Zar einen raschen Vormarsch der Deutschen nach Osten, und er mißtraut seinen deutschstämmigen Untertanen, die in der Nähe der russischen Westgrenzen ansässig sind. Auf Beschluß der Duma werden im Februar 1915 die deutschen Minderheiten im russischen Kongreßpolen und der westlichen Ukraine enteignet und nach Sibirien deportiert- insgesamt über 200.000 Zivilisten. Diese stellen damit statistisch die größte Gruppe an Zivilgefangenen und Internierten. 

Die Gefangenschaft der Soldaten sollte nach den geltenden Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung mit dem Friedensschluß enden; abweichend hiervon wurden nach den Waffenstillstandsbedingungen die Gefangenenlager in Deutschland unmittelbar aufgelöst und die Gefangenen repatriiert; hiervon ausgenommen waren zunächst die russischen Kriegsgefangenen, die nach Willen der Sieger zunächst in Deutschland bleiben sollten, da befütrchtet wurde, daß sie sich bei einer Rückführung der bolschewistischen Seite im russischen Bürgerkrieg anschließen könnten. die deutschen Gefangenen in alliertem Gewahrsam sollten erst mit der Annahme des Friedensvertrages entlassen werden- der Großteil der sich im westlichen Gewahrsam befindlichen deutschen Soldaten kehrte bis Ende 1919 heim. Für viele dauerte die Gefangenschaft  im Westen jedoch noch bis 1920, für einige endete sie erst 1922

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Durch die unklare Situation und der wechselnden Frontverläufe des Bürgerkriegs in Rußland befanden sich noch mehrere 100.000 Gefangene, vor allem Angehörige der Mittelmächte,  in Lagern. Um sie hat sich Fritjof Nansen verdient gemacht. Der bekannte Polarforscher wurde vom Völkerbund als Kommissar für Gefangenen- und Flüchtlingsfragen ernannt; 1922 konnte er den erfolgreichen Abschluß seiner Arbeit melden- 427.000 Menschen konnten in ihre Heimat zurückkehren. (1922: Friedensnobelpreis)

   
Fortsetzung folgt.

 
 


Übersicht: Kriegsgefangene nach Nationen bis 1918
 
 
 
 
 
 
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