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Meine Geschichte- Unsere Geschichte

Als Vorbild: Mein Großvater.
Seit langem betreibe ich als aktive
Freizeitbeschäftigung „Living history-
Lebendige Geschichte". Dabei versetze
ich mich mit anderen zusammen in die
Vergangenheit, wir lassen vergangene
Epochen neu auferstehen. In Sprache,
Gebärden, Aussehen und passender
Kleidung reaktivieren wir die Zeit unserer
Vorfahren, stellen das Leben von „Gestern"
aktiv und anfaßbar dar. Von den Römern
über das Mittelalter, den 30jährigen Krieg,
Napoleonik, Biedermeier bis zum amerika-
nischen Bürgerkrieg ist in Deutschland
eigentlich fast jede Epoche mehr oder
minder Vertreten.

Seit einiger Zeit auch die Jahre des Ersten Weltkrieges, 1914-1918. Als ich davon erfuhr,
erkannte ich eine gute Möglichkeit für eine neue, sehr reale Darstellung. Mit sehr real
meine ich, in diese auch eigene Familiengeschichte einbringen zu können. Mein Großvater
diente im ersten Weltkrieg, soviel war mir aus Erzählungen meines Vaters bekannt. Manch-
mal erzählte er davon, was Opa damals im Familienkreis berichtet hatte. Leider sind heute
fast alle Familienangehörigen verstorben, so auch mein Vater. Sicher hätte er noch mehr
Fronterlebnisse seines Vaters erzählen können, besonders da er auch altgedienter Ober-
leutnant war und es aus eigener Erfahrung verstehen konnte.

Nur eine Tante aus Bottrop, dem letzten Wohnort meines Opas, konnte ich ausfindig machen
und bat sie um Hilfe. Da ich wußte, daß ihr Mann (mein Onkel) etliche Familienpapiere sorgsam
aufgehoben hatte, erhoffte ich mir Unterstützung. Bei meinem nächsten Besuch hielt meine
Tante einen Stapel Photos, Schul- und Arbeitszeugnise, Ausweise und auch ein Familienstamm-
buch für mich bereit. Nur die erhofften Militärpapiere, welche mir mein Onkel früher öfter zeigte,
waren leider nicht darunter. Auf meine Anfrage danach kramte meine Tante noch einmal „ganz
hinten" und in einem alten Schrank fand sich ein alter Karton.

Nun endlich lag ein Teil der langersehnten Papiere aus der Soldatenzeit vor mir. Leider nur ein
Rest; vieles war nicht mehr auffindbar. Aber dieser Rest sollte sich zur Grundlage meiner Dar-
stellung werden.

Mein Großvater, Ernst Hugo Jeß, wurde am 15. August 1887 in Pudwitz, Kreis Schroda, nähe Posen,
geboren. Seinen Grundwehrdienst leistete er beim 25. Infanterie-Regiment (1.rheinisches) von Lützow
von 1909-1911 in Aachen. Aus den Zivilpapieren geht hervor, daßOpa zu Beginn des 20. Jahrhunderts
von Pudwitz/Schroda nach Bochum umsiedelte und als Bergmann auf der Zeche Constantin der Große
arbeitete. Von Beginn des 1. Weltkrieges 1914 bis zu dessen Ende 1918 stand er als aktiver Kriegsteil-
nehmer, zuletzt im Range eines Oberleutnants beim 19. Reserve-Infanterie-Regiment im Felde. Leider
sind aus dieser Zeit viele Familienstücke verloren gegangen; nur weniges ist erhalten. Drei Photos, Briefe
und eine Urkunde zum EK II sind über meine Tante in meinen Besitz gekommen. Aber wichtiges ist wohl
für immer verschwunden (Eine große Urlunde EK I mit Unterschrift Paul v. Hindenburg, ein seltenes Photo-
album zum Thema Minenkrieg mit Bildern als Oberleutnant, um nur einiges zu nennen.)

Trotzdem konnte ich so doch herausfinden, daß mein Großvater beim 19. Reserve-Infanterie-Regiment
war und in Frankreich im Bereich um Verdun gekämpft hat. Durch Kontakt zu meinem Darstellungska-
meraden Thomas, welcher eine umfangreiche Sammlung an Fachliteratur besitzt, konnten wir feststellen,
daß dieses Regiment 1916 am Douaumont, einer Panzerfestung vor Verdun, eingesetzt war. Ähnliches
konnte ich auch aus den Erzählungen meines Vaters.
Unser Erfolg wurde noch größer, als ich Gelegenheit hatte, in diese Gegend zu reisen. Thomas lud mich
ein, mit ihm dort eine Woche Urlaub zu verbringen. Er zeigte mir in großartiger Weise die alten Kampf-
stätten und ich konnte alles in Augenschein nehmen.

Trotzdem ist mir vieles aus dieser Zeit noch fremd und es bleibt noch viel zu ergründen. Aber auch in
Zukunft werden wir weiter forschen und versuchen, mehr zu erfahren. Anhand weniger Photos rekonstru-
ierten wir die Uniform meines Großvaters, sammelten passende Ausrüstung und versetzte mich so auch
selbst in diese für mich sehr bedeutende Zeit. Die Lebensgeschichte meines Großvaters ist für mich zur
Grundlage meiner Familienforschung sowie meiner historischen Darstellung der Jahre 1914-18 geworden.

So wird eine Zeit wieder lebendig, die wohl auch für meinen Großvater zu einem wichtigen Abschnitt seines
Lebens wurde.

Meinem Großvater, der mir in vielen Dingen heute ein Vorbild ist- in Dankbarkeit Alex Jeß
Enkel des Ernst Hugo Jeß (1887-1953) Oberleutnant 19. R.I.R. Teilnehmer der Verdunschlacht.