Reichsgesetzblatt August 1914
         Aufruf des Landsturms
 

 
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ..[.], verordnen auf Grund des Artikels II. Paragraph 25 des Gesetzes, betreffend Änderungen der Wehrpflicht vom 11. Februar 1888 (Reichs-Gesetzblatt Seite 11), im Namen des Reichs, wie folgt: 

§ 1.

Sämtliche Angehörigen des Landsturmes ersten Aufgebots, die ihm überwiesen oder zu ihm aus der Ersatzreserve übergetreten sind, werden hiermit aufgerufen.
Vom Aufruf sind nicht betroffen die wegen körperlicher und geistiger Gebrechen als dauernd untauglich zum Dienst im Heere oder in der Marine Ausgemusterten.
Die Aufgerufenen haben sich sofort unter Vorzeigung etwaiger Militärpapiere bei der Ortsbehörde ihres Aufenthaltsortes zur Landsturmrolle anzumelden. 

§ 2.

Sämtliche Jahresklassen des Landsturms zweiten Aufgebots, die aus der Landwehr oder Seewehr zweiten Aufgebots zum Landsturm übergetreten sind, werden zum aktiven Dienst aufgerufen. Über den Zeitpunkt der Gestellung ergeht besonderer Befehl. 

§ 3.

Diese Verordnung findet auf die Königlich Bayerischen Gebietsteile keine Anwendung. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Berlin im Schloß den 15. August 1914.

Wilhelm.
von Bethmann Hollweg
 


Bekanntmachung betreffend des Aufrufs des Landsturms
 

Auf Grund der Kaiserlichen Verordnung, betreffend den Aufruf des Landsturms vom 15. August 1914 (Reichs-Gesetzblatt Seite 371) wird nachfolgendes zur Kenntnis gebracht:

1. Die nach der Allerhöchsten Verordnung aufgerufenen Landsturmpflichtigen, die sich im Ausland aufhalten, haben die Verpflichtung zur alsbaldigen Rückkehr nach dem Inland, sofern sie nicht auf Grund des § 100, Ziffer 3 und 4 der deutschen Wehrordnung ausdrücklich hiervon befreit worden sind. Weitere Befreiungen sind unzulässig.
Die zurückkehrenden Landsturmpflichtigen ersten Aufgebots haben sich bei dem Zivilvorsitzenden der Ersatzkommission ihres Wohnsitzes und in Ermangelung eines Wohnsitzes bei demjenigen Zivilvorsitzenden zur Landsturmrolle anzumelden, dessen Bezirk sie bei der Rückkehr nach Deutschland zuerst erreichen. Die zurückkehrenden Landsturmpflichtigen zweiten Aufgebots haben sich beim Bezirksvorsitzenden ihres Wohnsitzes und in Ermangelung eines Wohnsitzes bei demjenigen Bezirkskommando zu melden, dessen Bezirk sie bei der Rückkehr nach Deutschland zuerst berühren.

2. Die vom Aufruf betroffenen ehemaligen Offiziere, Sanitätsoffiziere, Veterinäroffiziere und oberen Militärbeamten des Heeres und der Marine haben sich innerhalb 48 Stunden nach Bekanntmachung des Aufrufs mündlich oder schriftlich unter Vorlegung vorhandener Militärpapiere bei dem Bezirkskommando zu melden, in dessen Bezirk sie Aufenthalt haben.
Befindet sich der Aufenthaltsort im Ausland, so haben sie sich unverzüglich bei dem Bezirkskommando zu melden. dessen Bezirk sie bei der Rückkehr nach Deutschland zuerst erreichen.

In gleicher Weise melden sich:
a) ehemalige Offiziere, Sanitätsoffiziere, Veterinäroffiziere und obere Militärbeamte des Heeres und der Marine sowie Zivilärzte und Zivilbeamte, die von dem Aufruf zwar nicht betroffen, aber zum freiwilligen Eintritt in den Landsturm bereit sind.
b) ehemalige Unteroffiziere des Friedensstandes des Heeres und der Marine, die von dem Aufruf zwar nicht betroffen, aber bereit sind, zum Dienst in Offizierstellen freiwillig einzutreten. Für ehemalige Unteroffiziere des Friedensstandes des Heeres und der Marine gilt dies nur insoweit, als sie mindestens acht Jahre aktiv gedient haben.

Berlin. den 15. August 1914.

Der Reichskanzler.
von Bethmann Hollweg