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Artikel aus » Illustrierte Geschichte des Weltkriegs 14/15«
vom Oktober 1915, Seiten 415 und 416. Bilder S.401,414ff.


Um möglichst wenig Verluste durch feindliche Geschosse zu erleiden,
gibt es- abgesehen von taktischen Vorteilen- nur zwei Mittel:
Schlecht sichtbare Ziele bilden und sich Deckung schaffen. Mit
ersterem ahmt man die Anpassungsfähigkeit mancher Tiere an ihre
Umgebung nach, die man mit Mimikri bezeichnet. Das zweitgenannte
Verfahren war seit der Zeit der Ritterrüstungen immer mehr geschwunden,
da die Durchschlagskraft der Geschosse so groß wurde, daß diese den
früher oft bewährten Schutzpanzer glatt durchbohrten. Infolge der Wirkung
des Schnell- und Massenfeuers hat man aber neuerdings den Panzerschutz
doch wieder in Anwendung gebracht neben einer anderen Deckungsart-
dem Eingraben.

Wir Deutsche waren vorausschauend genug,
um mit einer weniger auffalllenden, aber
praktischen Felduniform in den Krieg zu
rücken. Dabei sind wir keineswegs stehen
geblieben, sondern haben die Lehren des
Krieges weiter verwertet und geringe
Änderungen angebracht. So zeigt das
Bild Seite 401 die neue deutsche Feld-
uniform, die „Bluse" und den Helm ohne
Spitze, womit man bei Waldkämpfen
nicht im dichten Gezweig hängen bleibt.
Eine graue Hose statt der feldgrauen be-
wirkt, daß der Soldat immer noch schmuck
aussieht, wenn auch Bluse oder Hose un-
gleich abgenutzt sind. Der Anzug des
Offiziers wurde wesentlich vereinfacht
und paßt sich der Mannschaftsuniform
fast ganz an, um ein Erlkennen der Führer
einer Truppe für feindliche Scharfschützen
zu erschweren.

Die Franzosen haben ihre roten Hosen und die dunkelblauen Überröcke
schwer büßen müssen. Aus jedem Acker, hinter jedem Busch, auf jeder
Wiese hoben sie sich weithin sichtbar ab, erleichterten dadurch unsere
Aufklärung ganz bedeutend und gaben unseren Gewehrläufen Ziele, die
leicht zu erfassen und damit gut zu treffen waren. Die französischen
Verwundeten und Gefangenen machten auch gar kein Hehl aus ihrer
Benachteiligung. Neuerdings hat sich ihre Regierung deshalb genötigt
gesehen, alle Rücksichten auf Überlieferung fallen zu lassen und eine
hellblaue Uniform einzuführen. ( siehe Bild S. 414).

Die französische Zeitschrift „L´Illustration",
der das Bild entnommen ist, beginnt ihren
Begleittext so bezeichnend französisch,
daß er nachfolgend wiedergegeben sei:
„Wenn wir nicht seit einem Jahr die
Verbesserungen in der Ausrüstung
unserer Soldaten verfolgt hätten,
so würden wir Mühe haben, beim
Anblick dieser freien Haltung, dieses
offenen Gesichtes, strahlend von
Intelligenz und Entschlossenheit,
Aufgewecktheit und sprühender
Lebendigkeit, die unsere ganze
Rasse kennzeichnet (allerdings!), in
diesem Musketier und Grenadier,
die auf das erste Zeichen hin zum
Sturm bereit scheinen (!), zwei französische Soldaten zu erkennen."

Militärisch interessant ist die Bewaffnung der beiden. Während der links stehende
Infanterist wie früher mit dem Lebelgewehr und Bajonett bewaffnet ist, sieht man
beim Grenadier, der die Bezeichnung „nettoyeur" ( „Schützengrabensäuberer" oder
„Aufräumer") führt, nur Nahkampfwaffen, wie sie der moderne Kampf im Schützen-
graben fordert. An seiner linken Seite befindet sich ein Beutel voll Handgranaten,
von denen er einige in der linken Hand hält. Hineingeschoben in das Band dieses
Beutels, trägt er auf der Brust einen browningartigen Revolver. Im Gürtel befindet
sich ein langes Messer in der Scheide.

Die Tätigkeiten dieser Grenadiere, auf die die Bewaffnung natürlich zugeschnitten ist,
besteht darin, die feindlichen Unterstände nach einem Sturm mit Handgranaten zu
bearbeiten, um die Besatzung zu töten oder gefangen zu nehmen. Ferner gehört
dazu das schnelle Entwaffnen der Überrumpelten, um sie nach rückwärts zu bringen.
Die nämlichen Aufgaben fallen selbstredend auch unseren deutschen Soldaten beim
Stürmen der feindlichen Gräben zu. Doch ist bei uns jeder Infanterist mit den neuen
Kampfarten vertraut, so daß wir nicht nötig haben, wie die Franzosen „besonders in-
telligente Leute von raschester Entschlußfähigkeit, höchster körperlicher Gewandheit
und kühnsten Gedanken" in besonderen Regimentern zu vereinigen.
 

Was uns jedoch an der
neuen französischen Aus-
rüstung am meisten fesselt,
ist ihre Kopfbedeckung. Das
Käppi ist dem Adrianstahlhelm
gewichen. Über 2½ Millionen
dieses 670-750 Gramm
schweren Helmes sind bereits
in Gebrauch. Auch die Trümmer
der belgischen Armee haben
einige geschenkt bekommen, mit einem Löwenkopf statt der französischen Granate.

Die Abbildungen 1-6 auf Seite 415 zeigen Helme, die nach französischen
Mitteilungen ihren Trägern das Leben gerettet haben, indem die Besitzer
nicht getötet, sondern nur verwundet wurden. Man sieht deutlich, daß
die deutschen Geschosse beträchtliche Löcher in die Helme gerissen
haben und teilweise die Wand als Querschläger durchschlugen. Was
die französischen Zeitungen über die neue Kopfbedeckung nicht schreiben,
ist, daß viele Franzosen den Helm für fast wertlos und wegen seines hohen
Gewichtes für hinderlich halten. Obwohl zugestanden werden soll, daß er
einen gewissen Schutz- besonders gegen Prellschüsse- bietet, so sind die
Abbildungen kein Beweis für die Güte des Helmes. Es ließen sich sicher auch
sechs Taschenuhren, Lederhelme und dergleichen photographieren, die als
Lebensretter wirkten. Lediglich auf trefferprozente kommt es an! Diese An-
gaben fehlten jedoch im französischen Artikel der „L´Illustratrion".