|HOME|MAIN|



Der Untergang Dresdens vor 60
Jahren war zum Jahrestag wieder
Medienthema. Mit einem Dokudrama
hat uns Guido Knopp 90 Minuten
trefflich unterhalten; richtig fiese
Originalbilder hat er uns vorent-
halten, so daß die Sendung für
Jung und Alt hauptprogrammtaug-
lich blieb und den Zuschauern das
Abendbrot nicht aus dem Gesicht
kippte. An einer überzeugenden
Nachstellung des Feuersturms muß
das Knoppteam aber noch arbeiten;
sicherlich gibt es zum 70. Jahrestag in zehn Jahren die ultimative Digitalversion.
Vielleicht dann auch die Splatter-Version. Nachfolgend einige authentische Bilder aus Dresden,
die letzte Aufnahme vom brennenden Leichenhaufen auf dem Altmarkt im besten Knopp´schen
Sinne dabei nachträglich digital koloriert und damit für die Generation der Farbfernsehzuschauer
eigentlich bestens aufbereitet.Was der ZDF-Guido uns vorenthalten hat, nachfolgend in kleiner
Auswahl. Zugegeben entbehrt es des aufgebauten Spannungsbogens, und fordert auch nicht
die Phantasie sonderlich, weil es das Grauen tatsächlich zeigt. Photos aus und um Dresden und
um Dresden herum:
 

Eine verbrannte Frau; eine verbrannte Luftschutzgemeinschaft*, Erstickte.
Aufgeblähte Leichen in Verwesung, 1945 aufgefunden; Verweste Leichen, 1946 aufgefunden:
Details aus den Leichenhaufen auf dem Altmarkt.

 

 

  

  
 

* Die Vater-Mutter-Kind Situtuation auf dem authentischen Bild berührt natürlich in der
Direktheit und der Brutalität besonders. Die Situation wurde hier durch die Wahl des
Ausschnitts aber verfälscht; auf dem orignalen Bild trägt eine der männlichen Leichen
eine noch deutlich erkennbare Hakenkreuz-Armbinde.


Die Bilder vom Altemarkt sind zahlreich, weil der für diesen Abschnitt zuständige
Feuerwehrhauptmann an diesem Tage das Grauen für die Nachwelt im Bild fest-
gehalten hat. Die Colorierung ist eine moderne Produktion, als wenn man sich
das Grauen in schwarz-weiß nicht vorstellen könnte. Auf dem Dresdner Altemarkt
wurden binnen Wochenfrist über 6.300 Leichen gesammelt, auf Eisenbahnschienen
gestapelt und dann verbrannt. Dies war erforderlich, weil eine in Anführungszeichen
„normale" Bestattung im Massengrab nicht zu organisieren war. Aus Furcht vor
Seuchen, aber auch mangels Transportmöglichkeiten und Baggern für große Gruben
hat man eine Woche lang die Leichen auf dem Altemarkt verbrannt, und die Über-
reste später auf dem Friedhof beigesetzt. Die Feuerwehr Dresden hat die gestapelten
Toten mit Flammenwerfern in Brand gesteckt; eine nachträglich aufgesetzte Legende,
keine Tatsache ist, daß dabei Spezialisten der SS-Totenkopfverbände, Wachmann-
schaften aus Konzentrationslagern dabei geholfen hätten, weil sie Spezialisten für
Verbrennungen größerer Menschenmengen waren. Die Dresner Feuerwehr hat sich
die Technik wahrlich mühsam erarbeitet.

Die wieder angesetzte Diskussion um die Opferzahlen ist wie immer eher politischer
Natur und beweist überdies wieder einmal, daß die menschliche Abstraktionsfähig-
keit in Bezug auf Zahlen beschränkt ist und bleibt: Nach Einhundert kommt Viele.

Die Behörden von 1945 zählen 18.000 und schätzen 25.000 Opfer, die heutigen
Historiker schätzen 35.000, die Rechten und die Revisionisten möchten gerne
100.000 Tote mehr haben. Die tatsächliche Zerstörung an Bausubstanz ist meß-
bar, die Opferzahl wird wohl nie bekannt werden.

Und alle Jubeljahre wieder die Frage: Warum? Dabei ist die Frage nicht unbe-
rechtigt, aber die bekannten Antworten wollen nicht leicht akzeptiert werden.
So eine schöne Barockstadt- da tut einem die Zerstörung des Schönen per se
leid. Und dann so kurz vor dem Kriegsende, und dann ohne Sinn, weil es ja keine
nennenswerten militärischen Ziele in Dresden gab. Da kommt wieder dieses huma-
nistische Weltbild und diese Philantropie durch- wer heute noch so blöd fragt,
kriegt auch und besonders heute die passende blöde Antwort- obwohl es generell
eher selten  blöde Fragen gibt, aber häufig blöde Antworten.

Blöde Antwort par Excellence ist, daß Deutschland diesen Krieg begonnen hat und
1945 der Krieg auch bis nach Dresden zurückgekommen ist; daß die deutsche Luft-
waffe mit den Bombardierungen unschuldiger Zivilisten begonnen hat und die Replik
quasi verdient ist. Als Befreiungsaktion kann man es ja selbst dem Tumbesten nicht
verkaufen; ich erinnere mich an die Feiern zum 60. Jubiläum der allierten Landung in
der Normandie, die uns von Guido Knopp und unbedarften anderen Nachgeborenen
als Beginn der Befreiung von der Nazidiktatur präsentiert wurde. Da wurde ein bei den
Feierlichkeiten in der Normandie angereister deutscher Veteran von einem end-20jährigen
ZDF-Reporter befragt, wie er die Landung denn als Beginn seiner Befreiung erlebt hätte.
Der Befragte hat dann knapp generell verneinend geantwortet, und nach dem Interview
hat man ihm wahrscheinlich den Herzschrittmacher höher eingestellt.

Die Bombardierung Dresdens läßt sich jetzt nicht geschichtsklitternd umdeuten, und auch
die Hinweise, daß zahlreichen Juden, die unmittelbar vor der Deportation und damit dem
sicheren Tod standen, mit der Bombardierung das Leben geschenkt wurde, weil sie unter-
tauchen konnten, gehen als Einzelschicksale unter in der Erinnerung an den Feuersturm
im Elbflorenz. Es gibt auch keine geradlinige und direkte Entwicklung im Luftkrieg über
Guernica, Warschau, Rotterdam und Coventry nach Köln, Hamburg und  Dresden.

Die Amerikaner sind nicht nach Europa gekommen, um die Deutschen vom Nationalsozialismus
zu befreien, sondern weil Deutschland ihnen den Krieg erklärt hat und die Landung in der
Normandie nicht verhindern konnte. Dresden wurde bombardiert, weil es auf einer Liste der
Ziele im Bomber Command stand, es ist plötzlich um viele Stellen ganz nach oben gerutscht,
weil Winston Churchill ein passendes Gastgeschenk für die Jalta-Konferenz suchte.  Seit 1940
hatten die Briten über 50% ihres Kriegs- und Rüstungspotentials für die Luftrüstung aufgewen-
det, und das „moral bombing" zur Strategie erhoben. Irgendwann 1943 haben sie gelernt, wie
man bei der Bombardierung von Städten einen höchst effizienten Feuersturm erzeugen kann,
und weil sie es konnten, haben sie es getan- weil Krieg war. Churchill hat sich aber auch gegen
Kriegsende von Sir Arthur Harris und dessen Strategie halbherzig und wenig glaubhaft distanziert-
aus politischen Gründen. Moralische Bedenken beim „moral bombing" standen dabei sicherlich nicht
im Vordergrund. Es ist derselbe Churchill, der 1944 im Juli nach Beginn des „kleinen Blitz", der
Beschießung Londons durch fliegende Bomben, primitiven deutschen Marschflugkörpern, den Einsatz
von Giftgas über Deutschland ernsthaft erwogen hat und davon nur durch Einspruch von Seiten
der Allierten, als auch von britischer Seite, hier auch erstaunlicherweise Sir Arthur Harris, abgebracht
werden konnte. Es gibt auch britische Versuche zu B-Waffen aus dem Jahre 1940, die aber nicht zur
Einsatzreife gelangten und auch nicht nach Abschluß der Erprobungen ernsthaft zum Einsatz
erörtert wurden- noch heute liegen Inseln der Shetlands unter Quarantäne und gelten seit 1940
als mit Milzbrand-Erregern verseucht. Zum Gaseinsatz gegen Deutschland erklärte Sir Winston
Churchill 1944 vor dem britischen Kriegsrat:

"… I must ask you to support me with the use of gas.
 We could attack the cities at the Ruhr and many different other ones in such
 a manner with gas , that the largest part of the German population needed constant medical support."....
"With the unlimited use of gas, a new level of escalation in bombing warfare is reached that defying
 international laws by becoming a weapon of mass destruction."

Weitere Details sind uns nicht bekannt; auf den britischen Archiven aus der Kriegszeit liegen
immer noch Bestände mit Sperrzeiten für Veröffentlichung und öffentlichen Zugriff. Daß die britische
Abwehr ab 1942 zumindestens überwiegend ab dann in der Lage war, den verschlüsselten Funkverkehr
der Marine, des Heeres und anderer Stellen mitzulesen, wurde erst 1972 bekannt, als die 30jährige Sperrfrist

auf diese Archivteile endete. (Das deutsche Heer und die Marine verließ sich bei den Schlüsselmitteln auf die photome-
chanische  Enigma-Maschine, die Meldungen maschinell verschlüsselte; aufgrund der Vorarbeit des polnischen Geheimdienstes
und erbeuteter Enigma-Maschinen und Schlüsselheften war die britische Abwehr in der Lage, alle deutschen Funksprüche mit-

zulesen, zumindestenes überwiegend, und konnte immer wieder in den deutschen Code einbrechen.) Nach 1972 konnte
deshalb die bis dato bekannte und interpretierte  Geschichte des Seekrieges vollkommen neu geschrieben
werden. Was immer sich unter der 50jährigen Sperrfrist in den britischen Archiven befunden hat, werden
wie Nachgeborenen wohl nicht mehr  erfahren, weil man noch 40 Jahre dazugegeben hat. Im Jahr 2035
werden wir dann neue Erkenntnisse über den Zweiten Weltkrieg sammeln können.

Die Bombardierung Dresdens, Hamburgs, Hiroshimas, Nagasakis etc. waren und sind Kriegsver-
brechen, nach Empfinden der Betroffenen und übrigens auch nach damals geltender Haager
Landskriegsordnung und Genfer Konvention. Diese Vorgänge sind aber nicht juristisch aufge-
arbeitet worden. Bomber-Harris- der Luftmarschall Arthur Harris, seit den 50er Jahren geadelter
Sir Arthur, hat posthum 1992 ein Denkmal in London erhalten, von Queen Mum darselbst einge-
weiht- wir erinnern uns, die Queen Mum im Krieg selbst Gattin des Königs- und dies hat auch in
England zwiespältige Gefühle hervorgerufen, so wie auch Churchill ab Frühjahr 45 sich von seinem
Bomber Command distanzierte und dessen Chef nach Kriegsende in Europa 1945 bei Titeln und
Orden fast demonstrativ übergangen wurde, wie auch die Angehörigen des Bomber Commands sich
übergangen fühlten; in der Statistik der britischen Gefallenen des Zweiten Weltkriegs mit fast
400.000 Toten stehen 55.000 Angehörige des Bomber Commands verzeichnet. Von den Besat-
zungen der Bomber bekam Harris den Beinamen Butcher- der Schlachter verpasst.

Die Bombardierung Dresdens hatte also einen Sinn- es war Krieg, und die Briten besaßen als
Hauptkriegsmittel ihre Bomberstreitkräfte. Die Zerstörung Dresdens hat eine moralische Qualität,
weil sie als „militärisch sinnlos" empfunden wird, und wird am Ende der Zeitskala für diesen Konflikt
in Europa zum Meilenstein. Definitiv falsch sind Aussagen, daß eine unausweichliche moralische
Entwicklungskette vorliegt, von den Deutschen selbst begründet. Warschau und Rotterdam sind
als befestigte Städte von der deutschen Luftwaffe angegriffen worden, im Falle Rotterdams hat
die Nachricht von der Kapitulation einen Teil der Angreifer in letzter Minute nicht mehr erreicht.
Bis April 1940 hat die deutsche Luftwaffe keine einzige Bombe über der britischen Insel abgeworfen;
Coventry wurde nicht bombardiert, um die Kathedrale aus dem 14.Jahrhundert zu zerstören, Ziel
waren die Rüstungsbetriebe. 35 Betriebe der Luftfahrt- und Autoindustrie wurden bombardiert
und auch getroffen; dabei auch Wohnviertel, und die Kathedrale. Von den 1940 ungefähr 220.000
Einwohnern starben dabei 550 Zivilisten; geplant war das nicht. London wurde zum ersten Mal
am 24.08.1940 von der Luftwaffe bombardiert- aus Versehen, weil es der Luftwaffe verboten war,
London zu bombardieren.

Ein strategischer Bombenkrieg war der Luftwaffe 1940 fremd; hierzu fehlte es ihr an Vorstellung und
deshalb auch an Material. Auf der allierten Seite haben die Briten mehr Verständnis für die Strategie
entwickelt; das „moral bombing", die Vorstellung, die Moral und Kriegswilligkeit der feindlichen Zivilbe-
völkerung gezielt durch permanente Bombardierung von zunächst Wohnvierteln, später, der Vernichtung
ganzer Städte, zu brechen und damit den Kriegsverlauf entscheidend zu beeinflussen, ist nicht eine
Eingebung von Arthur Harris, dem Fliegeroffizier im Weltkrieg. Die Strategie wurde in den 1930er Jahren
entwickelt, und basiert im wesentlichen auf Vorarbeiten aus der Zeit von 1917-1918, womit wir, nach
langer Einleitung, beim Thema wären: Der Bombenkrieg 1914-1918.
 

-Teil 2 -

Zum Ersten Weltkrieg fallen uns in Verbindung mit dem Wort Luftkrieg sofort die Helden des Luftkampfes,
die tollkühnen und waghalsigen Jagdpiloten in ihren kleinen, wendigen Maschinen ein. Sie erreichten sehr
schnell allgemeine Bewunderung, und einige wurden noch zu Lebzeiten zur Legende. Dieser Typ Flieger
hat sich aber erst später herausgebildet; bei Kriegsbeginn spielten die Flugapparate eine wesentlich
bescheidenere Rolle, und an ihrer Kriegstauglichkeit und sinnvolle Verwendung erfolgten in der Regel
eher pessimistische Prognosen.

Zumindestens in Preußen war ein Drang zur Militärfliegerei im aristokratischen Offizierskorps wenig aus-
gebildet; ganz oben auf der Wunschliste standen die Garde- und Kavallerieregimenter. Fliegerei war
etwas für Enthusiasten, und extrem Sport- und Technikbesessene. Der Mann von Welt und Stand ging
nicht ohne Hut auf die Straße, und im Automobil ließ man sich chauffieren. Ein Hauptproblem der deutschen
Militärfliegerei vor dem Weltkrieg war die Frage, ob der Offizier als Flieger den Degen ablegen dürfe/sollte/
konnte, und wurde gelöst, als  Areroplane eine Halte- und Verstauvorrichtung für den Offiziersdegen
erhielten.
Die Fliegertruppe war zu Beginn eher den Technikbegeisterten und Bürgerlichen vorbehalten, und erst
später im Kriege stießen die Rittmeister zur Fliegertruppe. Offiziere als Piloten und Beobachter war die
Regel, Ausnahmen sind aber auch bekannt. Insbesondere die wenigen Exoten, die schon vor 1914 eine
der seltenen Lizenzen zum Führen eines Flugzeuges besaßen, flogen auch. So gibt es auch die weniger
beachteten Flieger, die als Feldwebel, Unteroffizier oder gar Gefreiter am Steuer saßen.

Das Aeroplan stand aber in Deutschland auf der Liste der kriegstauglichen Apparate ganz unten- richtige
Teufelskerle waren die Artilleriebeobachter, die sich mit Ballons auf mehrere hundert Meter Höhe begaben
und dabei oft abgeschossen wurden oder mit dem Fallschirm abspringen mußten. König der Lüfte war der
Zeppelin.

Die Aeroplane und Hydroplane von 1914 waren klein, wendig und im Vergleich zum Luftschiff spottbillig.
Sie konnten keine nennenswerte Bombenlast tragen, ihre Reichweite war gering, und als Angriffswaffen
waren sie mangels Bewaffnung überhaupt nicht geeignet. Größter Nachteil war, daß sie über keine
Kommunikationsmittel auußer abzuwerfenden schriftlichen Meldungen verfügten ( Ein Lichtmorsesystem
hatte sich in der Erprobung nicht als brauchbar erwiesen.) Der Ballonbeobachter stand hingegen tele-
phonisch mit der Bodenstelle in Verbindung, und das Luftschiff ließ keine Wünsche offen- es verfügte
über eine drahtlose Funkentelegraphiestation. Das Luftschiff war vielseitig; es konnte eine Mannschaft
und eine große Last aufnehmen, hatte einen großen Radius und erreichte im Vergleich zum Flugzeug
sehr große Höhen. Seine wirklichen Nachteile waren die geringe Geschwindigkeit, träge Manövrierfähig-
keiten, seine Wetter (Wind-) abhängigkeit und die Verwundbarkeit der Gaszellen (Wasserstoff) bei
Beschuß.  Es wurden zum Betrieb auch Häfen mit Hallen und Bodenmannschaften benötigt; ohne diese
Infrastruktur konnte das Luftschiff nicht starten oder landen und war bei erzwungenen Notlandungen
oftmals verloren, weil Haltemasten oder ausreichende Bodenmannschaften fehlten.

Zur Organisation der Militärluftfahrt vor und im Weltkrieg muß noch erwähnt werden, daß es in England
1918 zur Gründung einer eigenen Teilstreitmacht kam, eine eigenständige Luftstreitmacht in Deutschland
gab es erst 1935. Heer und Marine betrieben eigene Fliegerabteilungen. Die Deutschen waren im Luftschiff-
bau mit den Zeppelinen führend und besaß hier einen Technologievorsprung; erst 1916 hatte die rasante
Entwicklung im Flugzeugbau ein Gegengewicht geschaffen.

Das Heer betrieb seit 1914  50 Luftschiffe, die bis 1917 232 Einsätze flogen;Langstreckenaufklärung
im Osten über Gebieten mit wenig Luftwabwehr naturgemäß besonders erfolgreich. Schon 1914 hatte man
sie bei der Bombardierung von Brücken und militärischen Zielen eingesetzt, mußte aber feststsellen, daß
sie hier in niedriger Höhe und langsamer Fahrt zu einfachen Zielen der gegnerischen Abwehr wurden.
Die Angriffstätigkeit wurde auf die strategische Bombardierung verlegt; die Festungen Lüttich und Ant-
werpen wurden bombardiert, Antwerpen, Calais, lille ünd Zeebrügge waren weitere Angriffsziele. Danach
kehrten die Heeresluftschiffe nicht mehr auf das Schlachtfeld zurück, sondern sondern sollten in Fern-
missionen strategische Ziele angreifen. Der erste Luftangriff auf militärische Ziele in London sollte am
17.März erfolgen; bei diesem und drei kurz darauf folgenden wurden die Ziele mal wegen Nebels, mal
wegen Regens, gar nicht erst gefunden; ersatzweise wurden auf dem Rückmarsch Ausweichziele in
Calais, Harwich und Dünkirchen mit guter und präziser Wirkung angegriffen. Am 31. März 1915 wurde
der erste Angriff auf Ziele in Paris ausgeführt; Z.X, LZ.35 und SL.II flogen in Verband. SL.II wurde bei
der Anfahrt durch Flakfeuer beschädigt, nahm am Angriff nicht teil und griff auf dem Rückmarsch
Compiègne an. Z.X und LZ.35 griffen erfolgreich Fabriken und Brücken an. Neben diesen spektakulären
Angriffen auf militärische Ziele in den feindlichen Hauptstädten konzentrierten sich die Heersluftsschiff-
verbände auf die Unterstützung der k.u.k. Waffenbrüder an der Ostfront, wo Eisenbahnknotenpunkte
und Verschiebebahnhöfe bevorzugte Ziele waren. Bald nahm auch hier die wirksame Abwehr derart
zu, daß der Einsatz zu unrentabel wurde; generell hatte auch zwischenzeitig die Technologie im
Flugzeugbau einen Stand erreicht, daß Bombenmissionen nun auch mit Flugzeugen durchgeführt werden
konnten, die die gleiche Bombenlast wie die Zepps trugen, dabei schneller und wendiger waren, obwohl
die Reichweite immer noch gering blieb. Die letzte Angriffsfahrt eines Heeresluftschiffes führte LZ.107
am 16.02.1917 mit einem Bombenangriff auf Boulogne durch; danach gab das Heer die Luftschiffahrt auf
und die verbliebenen Schiffe wurden an die Marine abgegeben.

Zeppelin-Bilderstrecke

Im Rahmen der taktischen und strategischen Operationen flogen die Heeresluftschiffe 111 Luftangriffe
und warfen über Rußland und dem Balkan 60 t, über Frankreich und Belgien 44.5 t, über England 36.5 t
Bombenlast ab. Die Marineluftsschiffe operierten selbständig oder auch im Flottenverband; die seit 1914
im Einsatz befindlichen Schiffe unternahmen 1.148 Aufklärungs- und Angriffseinsätze und 306 Bomben-
missionen. Seit 1915 wurden auch militärische Ziele, Fabriken, Eisenbahnknoten, Häfen, Werften,Docks
etc. in Südengland und London angegriffen. Darunter einige Großangriffe wie am 02.09.1916 mit 13
Schiffen auf London, eine große Englandfahrt mit 14 Schiffen am 19.10.17 gegen Manchester, Sheffield
und Liverpool. L.59 griff 1917 Hafen und Stützpunkte in Malta an und ging beim Angriff auf Neapel
verlustig. Der letzte Angriff Luftangriff auf England erfolgte am 09.08.18. Auch die Marine wußte schon
seit 1916, daß die große Zeit der Luftschiffe im Kampfeinsatz vorbei war; zur Entwicklung großer Auf-
klärungs- und Marineflugzeuge kam es aber nicht.
 

Über die Geschichte der Marineluftschiffe
eine Darstellung von Hans v. Schiller

 

 
 
 
 
 
 
 

Das Heer hatte seit 1916 Kampffliegerstaffeln aufgestellt, denen ab 1917 auch einsetzreife Flugmaschinen
zur Verfügung standen. Die Gothaer Waggonfabrik AG, Sitz ebenda, baute neben Eisenbahnmaterial auch
Flugzeuge, und hat sich dabei von Anfang an auf große Typen festgelegt- der Name ist hier ausnahms-
weise wohl Programm. Die Typen Gotha IV und Gotha V waren große Doppeldecker mit 3 Mann Besatzung,
die über 1.000 kg Bombenlast auf Langstreckenflügen befördern konnten. Sie konnten bis 5 Stunden in
der Luft bleiben, somit lag auch die britische Hauptstadt wieder im Aktionsradius der Heeresflieger.
Der erste Großangriff auf London erfolgte am 13.08.1917 durch das Kampfgeschwader 3; um 10 h morgens
war Startzeit, um 11.30 griffen die 17 Maschinen die Docks und Lagerhallen am Themseufer, den Bahnhof
Charing Cross und die Blackfriar´s Bridge an und warfen 92 Bomben. Bei diesem Angriff am hellichten Tag
wurden 145 Menschen getötet und 382 verletzt (während des gesamten Krieges wurden in ganz England
1.320 Menschen durch Luftangriffe getötet und ungefähr 2.000 verletzt); trotz heftigem Flakfeuer und
Angriff englischer Jäger erreichten alle Bomber ohne Verluste sicher den Heimatflugplatz. So glimpflich
sollten die Kampfstaffeln zukünftig nicht mehr davonkommen und mußten Verluste bis zu einer Höhe
einstecken, bei denen die Bombardierungen schließlich eingestellt wurden. Beim letzten Großangriff auf
London am 19.05.18 flogen 38 Gothas, drei Staaken-Riesenbomber der „R"-Klasse ( die eine 1.000 kg-
Bombe tragen konnten) und zwei Rumpler CIV geflogen. Durch Flak und Jäger wurden 6 bzw. 1 Flugzeug
abgeschossen.
Ein für Juli angesetzter Angriff wurde verboten, weil er zu riskant geworden war. In der Bilanz wurde
durch Gothas und Staaken-Riesenbomber 109t Bomben über England angeworfen, bei Verlust von fast
70 Maschinen.
 

Auf der Seite der Entente gab es keine Luftschiffgeschwader; federführend in der Technologie und
Strategie bei Bombenflugzeugen war das Königreich Italien, das im Krieg um Tripolitanien und die
Cyreneika gegen die Osmanen bereits 1911 Flugapparate aller Art- Ballons, Flugdrachen und auch
Flugzeuge- militärisch eingesetzt hatte. Nach Kriegseintritt 1915 wurden die österreichischen Häfen
und Marinestützpunkte an der Adria angegriffen, die auch 1916 das Hauptziel bildete. Die zur Verfügung
stehenden Flugzeuge konnten nur 200 kg Bombenlast mitführen, und waren untermotorisiert. Sie mußten
sich auf Nachtangriffe verlegen. 1917 stand die neueste Generation von Caproni-Bombern zur Verfügung,
mit denen Häfen, Marinedepots und auch die im Hinterland noch erreichbaren Fabriken zur Marinerüstung
bekämpft wurden; dabei erfolgten auch Großangriffe von 25-30 Flugzeugen. Wenig bekannt ist, daß die
Italiener auch Kampffliegerstaffeln in Frankreich stationierten, und strategische Angriffen auf Objekte
in Deutschland flogen. Frankreich selbst hatte zwar auch schon eine eigene Theorie zur strategischen
Bombardierung von Fabriken, Verkehrsknotenpunkten, militärischen Objekten etc. im Feindesland ent-
wickelt, aber mangels eigener dazu fähigen Flugzeugen nicht selbst umsetzen können. Die Franzosen
mußten sich bis Kriegsende mit ihren einmotorigen, zweisitzigen Blériot-Maschinen auf die taktischen
Angriffe beschränken.

In England wurde 1916 ein Flugzeug mit dem Zweck, Deutschland zu bombardieren, entworfen- die
Handley Page 0/100, ein zweimotoriger Doppeldecker, 4 Mann Besatzung, Zuladung 800 kg Bomben,
Flugdauer 8 Stunden. Er wurde 1917 ausgeliefert; die Handley Page V/1500 von 1918 als Viermotorer
konnte 3,5 t Bombenlast transportieren. Man war allerdings bis zur Entwicklung der Bomber nicht un-
tätig geblieben, und bereits am Weihnachtstag 1914 den Zeppelinstützpunkt Cuxhaven mit Flugzeugen
angegriffen, vorher schon die Hallen in Düsseldorf, Tondern und Friedrichshafen. Der Angriff auf Cux-
haven erfolgte durch Flugzeuge der Navy, und mangels Reichweite der Flugzeuge wurden sie von der
Navy herangefahren- der erste Flugzeugträgerangriff in der Militärgeschichte.

Die Flugzeugträger. Über die Kombination Schiff/Flugzeug hatte man sich schon vor dem Krieg
Gedanken gemacht. Bot die aufkommende Funktechnik die Möglichkeit fast uneingeschränkter
Kommunikation, blieb die optische Aufklärung beschränkt- aus der höchsten Mastspitze bei gutem
Wetter bot sich 60 km Sicht. Deshalb wurden schon früh Drachen und Ballone zur Aufklärung eingesetzt,
und der kontrollierte Motorflug versprach noch bessere Ergebnisse. Bereits 1910 unternahm die U.S. Navy
einen erfolgreichen Versuch , von einem Kriegsschiff ein Flugzeug zu starten. Der Kunstflieger Eugene
B.Ely startete von einem Startdeck auf der U.S.S. Birmingham, und 1911 wurde eine Landung erfolgreich
versucht- die U.S.S. Pennsylvania hatte einen Landedeckaufbau erhalten.

Das Prinzip wurde auch von der Royal Navy aufgegriffen, die aber auch wie die Amerikaner schnell fest-
stellten, daß die Landung der Flugzeuge im Vergleich zum Start weitaus schwerer zu bewältigen war
und jenseites der Fähigkeiten durchschnittlicher Piloten lag. Deshalb verlegt man sich auf Schwimmer-
flugzeuge, die mit Hilfe von Startwagen, Rollwagen, ab 1918 Katapulten, starteten, nach dem Einsatz
neben dem Schiff wasserten und mit einem Kran wieder an Bord genommen wurden. Als Mutterschiffe
wurden Kriegs- und Handelsschiffe umgerüstet. Der Angriff auf Cuxhaven im Dezember 1914 erfolgte
durch drei umgebaute Kanaldampfer, die 9 Flugzeuge transportierten, von denen 7 in die Luft kamen.
Der Angriff war wenig erfolgreich, und die Mutterschiffe eine schnelle Interimslösung; der erste richtige
Flugzeugträger war die HMS Campania, die 1914 hierzu umgebaut wurde. Das war ein alter Cunardliner,
der eigentlich abgewrackt werden sollte. Aufgrund seiner Größe und seiner möglichen Reichweite war er
aber ideal, um mit den schnellen Kriegsschiffen der Flotte mitzukommen. Er wurde im Dock teilzerlegt
und erhielt ein großes Startdeck über das Vorderdeck gezogen. Das Schiff beherbergte 11 Flugzeuge.

- Teil 3 -

Die Royal Navy rüstete in schneller Folge weitere Schiffe, hauptsächlich keleien Dampfer, mit Flug-
decks zu Trägercshiffen um; 1916 wurde das auf Reede liegende italieneische Schiff Rosso zu einem
echtenh Flufzeugträger umgebaut, der als HMS Argus im Dezember 1917 vom Stapel lief. Die Argus
hatte ein durchgehendes Deck, ohne Schornsteine und Aufbauten. Nach Erprobung und Änderungen
kam sie erst im Herbst 18 zur Flotte. Alle Angriffe des RNAS (Royal Navy Air Service) von Träger-
schiffen oder Landplätzen in Belgien gegen die deutschen Luftschiffhäfen und die Luftschiffe selbst.
In Düsseldorf wurden am 8.10.1914 Luftschiffhallen, in Köln als Ausweichziel der Hauptbahnhof bom-
bardiert. 1916 und 1917 wurden die französischen und britischen Vorstellungen über eine strategische
Bombardierung Deutschlands angenähert und abgeglichen und weitgehende Einigung erzielt. Als Ziele
wurden allgemein Rüstungsbetriebe, Anlagen der Stahl- und Eisenverarbeitung, der chemischen und
optischen Industrie genannt, speziell Betriebe, die wesentliche Teile und Spezialstähle für dieU-Boot-
Fertigung herstellten. Bis 1917 blieb es bei der Theorie, weil keine Flugzeuge zur Verfügung standen.

Die Kampfstaffeln, die Anfang 1917 die Handley-Page 0/100 erhielten und Einsätze flogen, litten unter
der unzureichenden Geschwindigkeit des Flugzeugmusters und mußten ihre Angriffe in die Nachtstunden
verlegen. Erst mit den 1918 den Staffeln neu zulaufgenden  Mustern HP 0/400 und HP V.1500 standen
Flugzeuge mit Leistungsmerkmalen zur Verfügung, die  das Ruhrgebiet und Berlin in Reichweite brachten,
und mit denen auch Tagangriffe möglich schienen.

Am 01.04.18 war die Royal Airforce offiziell gegründet worden, das Luftfahrtministerium hatte eine
Zielliste mit 300 Primärzielen erstellt, die sich auf die Regionen Rhein/Ruhr, Rhein/Main und
Saar/Lothringen konzentrierte. Minister William Weir und Chef des Luftstabes Frederick Sykes legten
ein Konzept für die Bomberoffensive gegen Deutschland vor, die dem Kriegskabinett im Juni 1918 zur
politischen Absegnung vorgelegt wurde. In der Diskussion wurde auch der Aspekt der Nebenziele,
heute würde man sagen „Kollateralschäden" diskutiert und gebilligt. Wie die aktuell durchgeführten
deutschen Angriffe auf England gezeigt hatten, waren auch Schäden in Wohngebieten und Verluste
unter den Arbeitern und der Zivilbevölkerung nicht auszuschließen, und bei einer geplanten Flächen-
bombardierung der dichtbesiedelten Rhein/Ruhr-Industriegebiete war mit hohen Schäden und Opfer-
zahlen zu rechnen. Hier fiel auch zum ersten Mal der Begriff des „moral bombing", denn man hoffte,
daß die Kriegswilligkeit der Bombardierten dadurch gebrochen würde und starker innenpolitischer
Druck erzeugt werden könnte; dabei erklärten Weir/Sykes, daß alles aber nur Nebeneffekt sein
könnte, da der Krieg jedenfalls durch die Landstreitkräfte und nicht durch die Luftwaffe entschieden
würde. Von den Arbeitern der roten Ruhr sollte also Einfluß auf die stärkste Partei im Reichstag, die
Sozialdemokraten, ausgeübt werden.  Zudem war auch bekannt, daß es in verschiedenen deutschen
Städten aufgrund der katastrophalen Versorgungslage zu Unruhen, Demonstrationen und Streiks ge-
kommen war.

Diese Unruhen sollten durch die Bombenangriffe noch angeheizt werden. Neben den strategischen
Zielen gab es in der Planung auch die Kategorie der politischen Ziele; Berlin und größere Städte, die
noch halbwegs auf dem Einflugweg dahin lagen: Bielefeld, Osnabrück, Hannover. Eine dritte Kategorie
waren Industriestädte mit hohem Rüstungspotential: Köln, Hagen, sowie die maritime Industrie der
Werften im Küstenland. Die Angriffe sollten sofort mit den bereits verfügbaren neuen Bombern beginnen,
der Hauptschlag sollte nach der Ausrüstung neuer Staffeln Im Frühjahr 1919 erfolgen. Der erste Großan-
griff auf Berlin war für den 09. November 1918 angesetzt, mußte aber wegen des schlechten Wetters
verschoben werden. Zwischenzeitlich trat der Waffenstillstand in Kraft.
 

Die 1918 erarbeiteten Strategie bildeten die Grundlage für die vom 1935 gegründeten Bomber Command
für eine zukünftige Luftkriegsstrategie gegen Deutschland; 1942 erfolgte der erste 1.000-Bomber Angriff
auf Köln. Nachtangriffe mit Flächenbombardements kennzeichneten die Arbeitsweise des Bomber Commands;
die Amerikaner versprachen sich zunächst mehr von gezielten Angriffen auf Industrie-, Verkehrs- und
Militärobjekte. Man muß vielleicht noch erwähnen, daß bei einem Bombenangriff die Zielgenauigkeit je nach
vorhandener Sicht und guten Lichtverhältnissen wächst, ebenso wie eine niedrige Höhe dabei von Vorteil ist.

Bei der von der Flakabwehr erzwungenen großen Angriffshöhe lag die Trefferquote bei Präzisionsangriffen
(am Tage) der amerikanischen Luftwaffe bei fast 20%, wie nach dem Krieg veröffentlichte Studien belegen.
Als Treffer zählt dabei, was in einem Radius von 5 km um den Zielpunkt einschlägt. Dabei muß man aber
auch noch zugute halten, daß die Allierten im Zweiten Weltkrieg von ihren Zielvorrichtungen so wenig über-
zeugt waren, daß sie erbeutete deutsche Zielgeräte aus über England abgeschossenen Bombern nachbauten.

Es gibt eine Redewendung: Generäle, die einen Krieg gewonnen haben, sind nicht in der Lage, eine Strategie
für einen potentiell zukünftigen Krieg zu finden- sie planen immer neu nur den vergangenen Krieg. Das gilt
insbesondere für die Deutschen, die mit dem Schlieffenplan ein gigantisches Sedan wiederholen wollten, und
dem Plan hilflos ausgeliefert waren, weil sie dafür den Krieg mit Frankreich brauchten- ein zukünftiger Krieg
ohne Frankreich kam in der Generalstabsplanung nicht vor. Die Franzosen wollten Verdun reproduzieren und
sich hinter der Maginotlinie in Sicherheit wähnen; die Engländer bauten eine Panzerwaffe für den Einsatz
in Frankreich und eine Bomberwaffe für den Einsatz über Deutschland auf. Feindbild war immer noch die
deutsche Marine. Am  5. September 1939: Englischer Bomberangriff auf die Marinestützpunkte Wilhelmshafen
und Cuxhaven. Im März 1940: Kiel und Hornum auf Sylt.

Die deutschen Verlierer haben ihre Sturmangriffstaktik aus der Champagneschlacht weiterentwickelt und
auf begrenzte, schnelle Feldzüge gesetzt. Aufgrund des Versailler Diktates wurde ihnen als militärische
Streitmacht eine bessere Polizeistreitmacht belassen, ohne Wehrpflichtige, ohne schwere Geschütze,
ohne Panzer, ohne Flugzeuge, ohne Generalstab, mit der Auflage, keine moderneren Waffen als vor 1918
entwickelt herzustellen. Deshalb hatte man zunächst viel Zeit, nachzudenken. Über die übliche deutsche
Beschränkung ist man aber nicht hinausgekommen- geopolitisches oder strategisches Denken in den
höheren Regionen scheint dem Deutschen nach 1.000jähriger Erfahrung in der Kleinstaaterei fremd zu sein.

Strategische Überlegungen sind auch in die Planung einer Luftwaffe nicht eingeflossen, daher hat man auch
nur taktische Bomber geplant und gebaut. Auch mit den Bombenzielgeräten und der Angriffstaktik aus der
Horizontalen war man nicht zufrieden; die Luftwaffe setzte auf die Sturzkampfbomber, d.h: Flugzeuge,
die über dem Ziel sich idealerweise senkrecht in einen Sturzflug begeben, dann ihre Bombenlast auslösen
und sich wieder in die Horizontale begeben. Das letztere unterstützt durch eine Automatik, weil der Pilot
dann oft ohnmächtig wurde, sich das Blut in ungeahnten Körperregionen und das Erbrochene am Kabinen-
dach befand. Bekannt geworden ist das einmotorige Junkersflugzeug Ju-87 mit 2 Mann Besatzung, als
„Stuka", der tatsächlich Bomben in einen Zehnmeterradius ablegen konnte. In gleicher Weise konnte das
zweimotorige Muster Ju 88 verfahren, und das einzige Flugzeugmuster, daß es zum strategischen Ins-
trument der Luftwaffe hätte bringen können, die Heinkel 177, sollte auch die Vorgabe eines Sturzkampf-
flugzeuges erfüllen. Die Heinkelmaschine wies in etwa die Parameter der amerikanischen Fliegenden Festung
auf, ähnliche Reichweite, Zuladung und Geschwindigkeit, hatte aber im Vergleich mit den amerikanischen
und englischen Viermotorigen nur zwei sichtbare Luftschrauben, weil ihre vier Motoren in Tandembauweise
zu zweit hintereinander gekoppelt waren. Ansonsten verfügte die Luftwaffe über eine große Modellvielfalt
an taktischen zweimotorigen Bombern, deren Entwürfe aus den dreißiger Jahren stammte.

Auch dieser große und schwere Bomber sollte die Vorgaben eines Zielanfluges im Sturz erfüllen, was letzt-
endlich nicht realisierbar war und zu einer zweijährigen Verzögerung der Frontreife führte. Carl Zuckmayers
Drama „Des Teufels General" nimmt übrigens den Generalluftfahrzeugmeister Milch und dessen Krux mit diesem
Flugzeug vage als Vorbild.

Der viermotorige Bomber, der 1942 erstmals flog, basiert auf einem Entwurf von 1940. Man müßte also der
deutschen Luftwaffe nach Indizienlage zugute halten, daß sie, wenn sie eine strategische Luftkriegsführung
jemals vor 1942 geplant hätte, diese auch hätte umsetzten können. Erst mit dem Bombenkrieg der Allierten
setzen auch deutsche Planungen hier an; letztlich kommen aber alle dazu benötigten Flugzeugtypen nicht
über das Planungs- oder Versuchsmaschinenstadium heraus; darunter auch sechsmotorige „Amerikabomber"
u.ä. Projekte. Der Beschuß von London und Antwerpen ab 1944 mit vom Heer entwickelten Raketen und von
der Luftwaffe entwickelten Marschflugkörpern, ist eher als das zu sehen, als was es auch unter Suggestiv-
namen bekannt wurde: „Vergeltungswaffen".

Nach dem Waffenstillstand 1918 werden die Ergebnisse der Luftangriffe saldiert; an Zivilisten 1.400 Engländer
und 700 Deutsche, 300 Österreicher sterben bei feindlichen Luftangriffen, eine vielfache Zahl wird dabei ver-
letzt. Die Gegenrechnung auf deutscher Seite ergibt- und man beachte, daß natürlich zwischen Offizier und
sonstigen Dienstgraden wie immer in der deutschen Statistik fein unterschieden wird:

40 Offiziere und 396 Mann bei den Marineluftschiffen
15 Offiziere und 50 Mann bei den Heeresluftschiffen
52 Offiziere und 78 Mann bei den Kampffliegern,

die im Einsatz gefallen sind, nicht die bei Bombardierungen oder Beschuß der Flugplätze und Luftschiffein-
richtungen, macht 631 tote Bombenwerfer und 1.400 zivile Bombenopfer.  Nach dem Zweiten Weltkrieg
werden die deutschen Bombentoten auf knapp unter 500.000 geschätzt; allein die Briten verlieren an
Bomberbesatzungen 55.000 Tote, dazu auch eine nicht bekannte Anzahl an amerikanischen Besatzungen,
vielleicht 9-11.000. (Viermotorige Bomber haben bis zu 12 Mann Besatzung). In der Opferzahl sind auch
18.000 Wehrmachtsangehörige enthalten, deren statistische Größe als durch Behördenbelege als gesichert
gelten darf, wer dennoch lebt und als tot gilt, kann aber auch Deserteur sein. Zwischen Reichsdeutschen
und angeschlossenen Österreichern wird in der Statistik nicht differenziert, es wird auch unterstellt, daß
in der Gesamtzahl Fremd-und Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene enthalten sind, deren Kopfzahl auf
etwa 30.000 geschätzt wird.  Es ist eine Schätzung, auf deren Ergebnis sich die Historiker  einvernehmlich
als Mittelwert und Rechengröße verständigt haben. Jede andere Lavierung nach oben oder unten endet
unten bei zweifelsfrei dokumentierten 310.000 , nach oben ist je nach politischer Absicht die Skala offen.

Es wäre unmoralisch, aufgrund statistischen Verhältnisses von Fliegern und Bombentoten eine Effizienz-
rechnung zu erstellen, weil auch beim „moral bombing" nicht die totale physische Vernichtung des Feindes
beabsichtigt war, sondern man per Saldo moralisch gebrochene und indifferente, aber lebende Gegner
erzielen wollte. Immerhin darf man bei den Zahlen unterstellen, daß in einem langwierigen Konflikt mit
in etwa gleichen Bedingungen auf beiden Seiten hohe Opfer zu erbringen sind.

Das „moral bombing" erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg keine Neuauflage; allenfalls die Version sinnloses
Flächenbombardement wurde von den Amerikanern in Vietnam nochmals aufgelegt in einem ungleichen
Kampf der hochgerüsteten Technik gegen einen nicht zu stellenden Gegner, wo man auf Hanoi und an-
sonsten über dem Dschungel die dreifache Menge an Bomben ablud, die man über das dichtbesiedelte
und infrastrukturstarke Deutschland und deutsch besetzte Europa während des Zweiten Weltkriegs ab-
geworfen hatte.

Heute ist alles anders; wenn zivilisierte Nationen Krieg führen, ist es in erster Linie ein Krieg der Hoch-
technologie, und, wenn Sie es glauben wollen, ein humaner Krieg der hochpräzisen Waffen, die punkt-
genau ihr Ziel treffen, wie man uns am Fernsehschirm im medialen Zeitalter glauben machen möchte.
Ich bin bis heute unentschlossen, ob der Treffer in der chinesischen Botschaft in Belgrad bei der eher
konventionell ausgeführten Bombardierung in einem der erst kürzlich zurückliegenden Balkankriege ein
wirkliches Versehen war, Blödheit, oder provoziertes Versehen. Ich glaube auch an die gute Absicht
der US.AirForce und US.Army, wenn man der staunenden Restwelt die Videos der Lenkwaffen vor-
führt. Die Fehlschüsse werden eh´ nicht gezeigt, wer gibt schon gerne Fehler zu.

Überhaupt gibt es heute in der Medienwelt, wo man tatsächlich drei Minuten, nachdem in China ein
Reissack umfällt, man dies auch im Fernsehen fast zeitgleich sehen konnte, noch Konflikte der guten,
alten Art zu sehen, die einen menschlich berühren und zum Nachdenken anrühren konnten. Aus meiner
Kinderzeit kann ich mich noch an scheinbar ewigdauernden gute, alte Kriege erinnern, die irgendwo
tobten und noch nach der alten Art ausgefochten wurden- der erste Golfkrieg etwa, für die Nach-
geborenen: Das ist der zwischen dem Irak und dem Iran, etwa 9 Jahre lang, und wenigstens in der
Summe 1 Million Tote Soldaten. Bei den neueren Kriegen sind alle anderen danach medial betrachtet
eher enttäuschend- sie kosten viel Geld und sind langwierig und aufwendig, und die Opferzahl liegt
weit unter der Zahl der Verkehrstoten oder Raucherkrebstoten der beteiligten Nationen.

Das muß mit der Technik zusammenhängen. Richtig viel Tote gibt es heutzutage nur noch da, wo
noch richtig ohne Computer, möglichst von Hand, wie die Schweizer sagen, händisch, getötet wird.
Hutus und Tutsis- die Hutus kennen wir noch aus der deutschen Kolonialzeit in Deutsch-Ostafrika
als aufsässiges Volk- schlachten sich mit Macheten und Haumessern ab, und man schätzt eine
Million Opfer. Kein Fernsehteam vor Ort, vielleicht waren es auch nur 100.000. Pol-Pot in Kambodscha
führt die Kambodschaner quer über die killing-fields in die kommunistische Steinzeit, und rottet-
statistisch geschätzt- ein Drittel des Volkes aus. War auch kein Fernsehteam dabei.

So können wir uns heute vor dem Fernseher, der uns die ganze Welt bis in die Wohnstube bringt,
über den Fortgang der Kriegsgeschichte draußen in der Welt informieren, ohne uns involviert zu
fühlen, und selbst dann kann man ja um- oder abschalten. Wir sind nicht mehr betroffen, weil
wir am Kriegsgeschehen in der Welt als Nation nicht mehr teilnehmen. Unsere Soldaten nehmen
heute nicht mehr an Kriegshandlungen teil; das Engagement deutscher Kampfflieger im Balkankrieg
gegen die Serben ausgenommen, aber zum einen war dies ein gerechter Krieg, und zum anderen
ist der Krieg gegen Serbien quasi von Generationen deutscher Soldaten  in teilweise auch leidvoller
Erfahrung bezeugt, immer ein gerechter Krieg- damit angefangen, daß Serbien den Ersten Weltkrieg
angefacht hat. Unsere Soldaten, Männer und Frauen,  engagieren sich heute in Friedensmissionen,
und der sozialdemokratische Verteidigungsminister Struck befindet, daß Deutschland am Hindukusch
verteidigt wird- das trifft den wilhelminischen Ton,sind aber nicht im Geiste S.M.Wilhelm II gesprochen.
Bei solch forchen Sprüchen will einem immer der Alte aus dem Sachsenwald,  Bismarck,  einfallen, dem
„..die ganzen Querelen auf dem Balkan nicht die Gesundheit und  die Knochen eines einzigen pommerschen
Grenadiers.." wert waren. Wer noch Traditionsverständnis und einen Fernseher hat, wird feststellen,
daß heutzutage auch die Rückführung der im Friedenseinsatz getöteten deutschen Soldaten nicht mehr
übertragen wird.

- Teil 4 - in Vorbereitung
 
 
 
bomber14.jpg
bomber14.jpg
35.58 Kb 
bomber13.jpg
bomber13.jpg
68.95 Kb 
bomber12.jpg
bomber12.jpg
54.85 Kb 
bomber10.jpg
bomber10.jpg
103.06 Kb 
bomber09.jpg
bomber09.jpg
33.13 Kb 
bomber08.jpg
bomber08.jpg
55.43 Kb 
bomber07.jpg
bomber07.jpg
71.23 Kb 
bomber06.jpg
bomber06.jpg
69.05 Kb 
bomber05.jpg
bomber05.jpg
72.72 Kb 
bomber04.jpg
bomber04.jpg
40.40 Kb 
bomber03.jpg
bomber03.jpg
62.85 Kb 
bomber02.jpg
bomber02.jpg
61.82 Kb 
bomber01.jpg
bomber01.jpg
34.70 Kb 
bobmer11.jpg
bobmer11.jpg
54.70 Kb