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Im „Kleinen Buch vom deutschen Heer", im Multimedia-Bereich dieser
Internetpräsenz als digitales Buch abrufbar, und auf einer Postkarte
von 1910 finden wir zwei ziemlich ähnliche Darstellungen einer Küche
zum Zeitpunkt einer Essenausgabe.


Dem aufmerksamen Betrachter erschließen sich viele Details; gekocht
wird im holzgefeuertem Kessel Modell 1880; die Köche tragen Drillich-
zeug, mit weißer Kochschürze und weiße Kochmütze. Zum Essenempfang
sind die Soldaten mit dem Steingutnapf und dem Löffel angetreten; die
obligatorische blaue Baumwollschürze wird getragen; sie dient auch als
Arbeitsschürze während der Putz- und Flickstunde und bei allen anderen
„schmutzigen" Arbeiten. Überwacht wird die Ausgabe des Essens vom
G.v.D.-dem Gefreiten vom Dienst, in beiden Fällen wird der Dienst von
einem Mannschaftsdienstgrad wahrgenommen.

Küchen wurden in deutschen Kasernen ab ca. 1882 eingerichtet;
spezielle Köche mit Ausbildung gab es bis 1915 nicht; der „ Kochdienst
wurde von hierzu geeigneten Personen unter Aufsicht eines Unteroffiz-
iers" durchgeführt. Gelegentlich auch durch „angenommenes Personal",
nach Reglement von 1888 auch weibliche Hilfskräfte „zum Abwasch
und Kartoffelschälen". Empfangen wurden die warmen Speisen in der
Küche; in modernen Kasernenbauten ( ab 1905) gab es auch spezielle
Speisesäle für Mannschaften, wo die warme Mahlzeit eingenommen wurde.

Das Frühstück und das Abendessen wurde auf den Stuben eingenommen.
In der alten Armee waren die Soldaten einer Korporalschaft ( 16-22 Mann)
in einem Raum untergebracht, und zwar gemeinsam mit dem Korporalschafts-
führer, dem Korporal ( Dienstgradbezeichnung französischen Ursprungs; seit
1848 durch die deutsche Wortschöpfung „Unteroffizier" ersetzt). Die Korpo-
ralschaft wurde durch einen Unteroffizier oder Gefreiten geführt.

„Kaffeholer raustreten!" war ein Befehl, der morgens und abends in deut-
schen Kasernen bis 1945 ertönte. Befehlsgemäß traten die turnusmäßigen
Kaffeeholer an, um in der Küche den Getreidekaffee in den mitgebrachten
großen, emaillierten Kannen abzuholen. Brot wurde von den Feldbäckereien
alle 3 bis 4 Tage gebacken; es wurde portionsweise an die Soldaten ausge-
geben, in 3-Tagesportionen. Margarine, Marmelade und Wurst wurde alle
zwei Tage während der Ausgabe des Mittagessen portionsweise ausgeteilt.
 

Verabreicht wurde den Soldaten eine abwechslungsreiche Kost nach den
modernsten ernährungswissenschaftlichem Kennisstand; z.B: Eintopfgerichte,
insbesondere Kartoffeln oder Hülsenfrüchte mit Fett und Fleisch. Erst ab 1916
gibt es in den deutschen Armeen eine Kochausbildung; kulinarische Spitzenlei-
stungen wurde den Feldköchen allerdings nicht abverlangt: Ein Wehrmachts-
Kochbuch von 1943 für Feldköche kennt gar 232 verschiedene! Eintopfgerichte.
Aber das ist nach dem Weltkrieg, dem Feldzug von 14/15. Im Vorgriff auf die
folgenden Seiten dazu aber ein Bild:

Im September 1944 ist die Wehr-
macht auf dem Rückzug. In Brüssel
wird dies durch die Aufnahmen eines
patriotischen belgischen Photoamateurs
dokumentiert. Unter Lebensgefahr, aus
dem Dachfenster heraus, entsteht eine
einmalige Serie. Ein Lkw einer Infanterie-
einheit, unter der Plane die Soldaten.
Auf dem Kotflügel sitzt ein „Luftraum-
beobachter", angehängt ist eine Feld-
küche F.H.13, die eigentlich nur für den Pferdetransport zugelassen ist.

Sauve qui pêut- rette sich, wer kann. Die Feldküche gehört auf jeden
Fall dazu.
 

Die Ernährung der Zivilbevölkerung im Kriege „Mitten im Frieden
überfällt uns der Feind." Der spätere Weltkrieg war so vielleicht nicht
gewollt, auf jeden Fall aber nicht geplant. Allgemein wurde mit einem
kurzen, sehr kurzem Kriegsverlauf gerechnet. Dem war nicht so,
wie uns die Geschichte lehrt. Vorsorge für einen Krieg hatte man nicht
getroffen. Deutschland war eine Exportnation geworden; man hatte sich
gar auf das Meer vorgewagt. Die größte Reederei weltweit war die HAPAG,
die hanseatische Pa(ck)et Fahrt Aktien Gesellschaft; die deutsche Handels-
flotte war die zweitgrößte nach der britischen, gleiches gilt für die kaiser-
liche Marine. Hat nichts genützt:

Gleich nach Kriegsausbruch wurde vom Feind eine Blockade errichtet,
die als Hungerblockade im deutschen Sprachraum Bekanntheit erlangte.
Geplant und befohlen wurde sie vom ersten Lord der britischen Admiralität,
dem späteren Sir, Winston S. Churchill. Die Blockade entsprach nicht dem
damaligem Völkerrecht, war aber äußerst effektiv, und war entscheidend für
den späteren Kregsverlauf. Infolge war Deutschland war von allen Exporten
und Importen abgeschnitten- weder Geld noch Waren kamen nach Deutschland.

Es wurde ein Rationierungssytem eingeführt- Brot, Eier, Fleisch, Kleider-
stoffe etc., aber die deutsche Wirtschaft, die vor dem Kriege nicht autark war,
war natürlich auch im Kriege nicht in der Lage, die Bedürfnisse der Bevölkerung
zu decken. Das Rationierungssystem wurde auch halbherzig und widerstrebend
eingeführt- mehr als Reaktion auf die Verknappung, denn aufgrund einer Planung-
denn man hatte ja mit einem kurzen Feldzug gerechnet. So wurde die Brotkarte
erst 1915 eingeführt, andere Lebensmittel im Verlauf des 1916er Jahres in das
Rationalisierungssystem eingebunden. Die Folge war natürlich ein starker Preis-
anstieg in allen Bereichen, und zwar bei effektiv sinkendem Durchschnittsein-
kommen; der Mann, der nun im Felde stand, hatte einen Durchschnittsverdienst
um die M 130,-- monatlich nach Hause gebracht. Der entfiel- Vater Staat zahlte
dem Soldaten eine Löhnung (Sold), die je nach Dienstgrad M 9,-- bis  M 13,50
betrug, und den Familien der im Feld stehenden Soldaten eine Beihilfe ( je nach
Kinderzahl) von M 25,-- bis M 40,--.

Das reichte nicht annähernd zur Deckung des Existenzminiums, und die Frauen
mußten berufstätig werden- vorzugsweise in der nun boomenden Rüstungsin-
dustrie. (Zu 40% des Männerlohns.) Natürlich gab es auch Kriegsgewinnler,
die von der Kriegssituation profitierten; generell aber gilt, daß eine Verarmung
der Bevölkerung einsetzte. Versorgungstechnisch war die Lage ab Ende 1914
sehr bescheiden; das steigerte sich noch im weiteren Kriegsverlauf.
 
 

  Kriegspropaganda
  „ Was? Uns will England aushungern lassen? Ach nee!"
  Beliebte Motive der Propaganda zu Kriegsbeginn waren
  die wohlgenährten dicken Landsturmleute, die sich par-
  tout nicht aushungern lassen wollten. Der Propaganda
  ging, wie den Betroffenen, bald der Humor aus. Die
  Traueranzeige für „Kollege Brotlaib" weist bei aller Ironie
  offen auf die Mißstände hin, später gab es vermehrt nur
  noch „Durchhalten!" Motive. Gegen die englische Hunger-
  blockade wurde in der Propaganda ab 1916 auch der All-
  mächtige bemüht, und von patriotischen Kreisen wurde
  gar angeregt, den Tagesgruß auf der Straße durch den
  „Gott strafe England!" Fluch zu ersetzen.


Kriegspropaganda 1914-1917: Postkarten, Anzeigen, Klebemarken.


Die Propaganda war zur geistigen Stärkung gedacht; zur körperlichen
Sättigung trug sie nichts bei. Selbst die ungenügend vorhandenen Lebens-
mittel konnten gelegentlich nicht oder verspätet zur Verteilung kommen,
weil die Infrastruktur in Kriegszeiten dem Militär den Vorzug gab- auf den
Gleisen rollten die Züge mit Soldaten und Kriegsmaterial.