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Im Zeitraum 1840-1850 hat sich so das als typisch empfundene
Erscheinungsbild des preußischen Infanteristen herausgebildet. Aus
modischen und praktischen Gründen wurden Uniform und Ausrüstung
laufend abgeändert, und auch die technische Entwicklung mit neuen
Fertigungsmöglichkeiten spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Im Folgenden sind zwei wesentliche Umbrüche in der Entwicklung
der Uniform und Ausrüstung faßbar: Um 1880-1890 wird die Ausrüstung
und Bewaffnung grundsätzlich erneuert, infolge einer neuen Taktik-
und Strategiebetrachtung. Ein Schock ist die Einführung des französischen
Gewehrs einer vollkommen neuen Generation- es verwendet kleinkalibrige
Geschosse, das neue Nitropilver ist raucharm, die Reichweite der Geschosse
ist ungemein erweitert. In Folge führt das Reich ebensolche Waffen ein,
und rüstet nach und auf- das wirkt sich auch auf die Ausrüstung auf.
In den 1880er Jahren wird neben den neuen Patronentaschen für die
Munition der neuen Gewehre auch die Ausrüstung gründlich erneuert.

Aus Aluminium gezogene Feldflaschen lösen die alten lederummantelten
Glasflaschen ab, ein neuer Brotbeutel wir eingeführt, der auch ohne Riemen
am Koppel getragen werden kann. Weiterhin wird die Truppe mit einem
handlichen Schanzzeug (Kurzspaten) ausgerüstet, zunächst jeder dritte
Grenadier, ab 1888 jeder Soldat. Zur Schutz vor der Witterung und zum
Notbiwak unter freiem Himmel wird die Zeltbahn mit Zubehör eingeführt,
sodaß aus zwei Zeltrüstsätzen ein Notzelt für zwei Mann errichtet werden
kann.
 
 
 

Abb.: Linieninfanterie um 1865
Wettrüsten und Nachrüstung
An dieser Stelle soll mit wenigen Sätzen auf zwei Dekaden
Geschichte, historische Tatsachen und ihrer Betrachtung
aus zeitgenössischer Perspektive eingegangen werden.
Aus der heutigen Sicht weiter Teile des an Geschichte und
Militärgeschichte nicht besonders interessierten Publikums
wird ganz grob verallgemeinert geglaubt, daß das Kaiserreich
und die Gesellschaft stark militaristisch war, und das an der
Spitze ein kriegslüsterner Kaiser stand, der es kaum abwarten
konnte, Deutschland und die Welt in den Krieg zu treiben.
Dieses falsche Geschichtsbild wird auch von einigen
Boulevard-Historikern fleißig bedient, die im 3:20 Minutentakt
dem Publikum komplexe Vorgänge anschaulich, mundgerecht und
leicht verdaulich präsentieren.

Das Kaiserreich war nicht die höchste Organisationsform einer durch und durch mili-
taristischen Gesellschaft, das Militär hatte in allen Staaten zu dieser Zeit das gleiche
gesellschaftliche Gewicht. Dies insbesondere, als vor dem Weltkrieg 14/18 frei nach
Clausewitz der Krieg von allen Staaten als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln
definiert wurde. Das wenige Säbelrassen, mit dem der letzte Hohenzollerherrscher
sich hervortat, war durchaus üblich für die Zeit. Das er 1914 betrübt war, nunmehr
seines Beinamens- "Der Friedenskaiser" beraubt zu sein, mag ihn auch wirklich ge-
rührt haben. Seit 1871 war Deutschland an keinem Krieg beteiligt, und das macht
43 Jahre insgesamt und fast 25 Jahre für die Regierungszeit Wilhelm Zwo- das ist
einmalig in der Geschichte bis 1914. Außer in den prächtigen Kaisermanövern konnte
sich die Armee als schlagkräftige Truppe im Einsatz nur in zeitlich und regional be-
schränkten Konflikten bewähren- Boxeraufstand, die Kolonialaufstände in Deutsch-
Ostafrika und Deutsch-Südwestafrika.

"Wenn der Tag erwacht, wenn der Morgen graut, hat der Kaiser schon an der
Flotte gebaut..." ist eine Karrikatur des Simplicissimus aus dem Jahr 1895 untertitelt,
die den Kaiser mit aufgerollten Ärmeln vor einer eindrucksvollen Flotte von über Nacht
erschafften Modellschiffen zeigt. Heute wird behauptet, daß die deutsche Flottenrüstung
einer der Gründe war, die zum Krieg von 1914 führten, weil sich die weltbeherrschende
Seemacht England dadurch bedroht fühlte. Und das, wohlgemerkt, mit kritischem Ton,
um nachträglich den in das Versailler Dikatat von 1919 festgeschriebenen Duktus von
der "deutschen Kriegsschuld" zu unterstützen. Hätte Deutschland nur nicht die Flotte
gebaut... nein, Tatsache ist, daß aus der Sicht der Zeit hier gebaut wurde, um die vor-
handene Handelsflotte in Konflikten auch schützen zu können. Was wirklich der Grund
eines deutsch-britischen Gegensatzes vor 1914 war, sind die rein wirtschaftlichen
Interessen. Die Industrienation Deutschland trat in Konkurrenz mit der britischen
Wirtschaft, und etablierte sich als Exportnation im Weltmarkt. Und das Deutschland
vor 1914 war eine seefahrende Nation- mit über 30% der Welttonnage die Nr. 2 gleich
nach England. Die größte Reederei der Welt vor 1914 war in Hamburg beheimatet- die
HAPAG- "Hamburgisch-Amerikanische -Packetschiffahrt-Aktien-Gesellschaft". Mit
"ck" im Paket nach damaliger Schreibweise.

Zwischen England und Deutschland herrschte ein wirtschaftliches Konkurrenz-
verhalten. Dies erlangte erst ein politisches Gewicht, als England um 1890 seine
kolinialen Interessen mit dem bis dato als Primärgegner betrachteten Frankreich
als gelöst betrachten konnte. Frankreich verfolgte seit 1871 eine revisionistische
Politik gegenüber dem Reich, das nunmehr als führende europäische Macht galt.
 
 
 
 
 
 



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