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Uniformen für die alte Armee wurden von der Industrie, aber
auch Armeedepots, Schneiderwerkstätten und sogar dem
Kompanieschneider nach Muster- einer verplombten Muster-
ware- hergestellt. Offiziere und die Einjährig-Freiwilligen waren
"Selbsteinkleider", die ihre Uniformen nach Muster bei einem
Schneider ihrer Wahl fertigen ließen, ebenso - wahlweise- die
Dienstgrade ab Sergeant aufwärts. Der Rest der Armee trug
das, was die "Kleiderkammer" ihnen verpaßte. Im Rahmen der
Bekleidungswirtschaft wurden die Uniformen auf Kompanie-Ebene
von einem Kammerunteroffizier und seinen zwei zugeordneten
Helfern verwaltet. In Friedenszeiten, zur Zeit der blauen Uniform,
wurden jedem Soldaten vier Uniformen zur Verfügung gestellt.

Man spricht in diesem Zusammenhang von Garnituren, und zwar
hierarchisch geordnet von der ersten bis zur sechsten Garnitur.
Sprichwörtlich erhalten aus dieser Zeit hat sich die altertümlichen
Redewendungen: "Das ist aber auch nicht die erste Garnitur" oder
"Sie schicken aber nicht die erste Garnitur". Die erste Garnitur wurde
nur zu besonderen Gelegenheiten ausgegeben, Feiertagen , Kaisers
Geburtstag, besonderen Paraden etc. Die zweite Garnitur entsprechend,
zu Paraden, Aufmärschen, hohen Fest- und Feiertagen mit entsprechender
militärischer Beteiligung. Vereinfacht klassifiziert, lagerten diese beiden
Garnituren auf der Kammer und wurden zu den entsprechenden Gelegen-
heiten ausgegeben. Im Spind des Soldaten, der Holzschrank, der 1890
eingeführt wurde, wurden die dritte und vierte Garnitur aufbewahrt.
Zum Exerzier- und normalen Kasernendienst wurde der Drillichanzug
getragen, ein einfacher "Arbeitsanzug" aus gebleichtem, ungefärbtem
Leinen- bzw. später Baumwollkörper. die vierte Garnitur wurde zu jedem
Dienst getragen, die dritte Garnitur zum Sonntagsausgang oder anderen
besonderen repräsentativen Gelegenheiten.

In den Uniformen finden sich entsprechende Kammerstempel, die neben
den Abmessungen für Halsweite, Leibesgröße, Armlänge, Beinlänge etc.
in arabischen Zahlen (Konfektionsgößen im heutigen Sinne gibt es in
Deutschland erst seit 1935) anzeigen, auch die Garnitur-Nummer in
römischen Zahlen zeigen. Streichungen und Neustempelungen belegen
die jährliche Inventur- jährlich einmal wurden die auf der Kammer vorhan-
denen Stücke neu bewertet. Grundlage dieser Bewertung war auch die im
Reglement vorgeschriebene Tragedauer der Kleidungsstücke, die auch
nach Branche und insbesondere Dienstgradgruppen stark differierte.
Ein Rock für Mannschaften war nach diesen Vorschriften- z.B: der Dienst-
vorschrift  von 1912 nach 12 Monaten spätestens auszutauschen, für
Unteroffiziere nach 8 Monaten. Dies muß man unter historischem
Gesichtspunkt betrachten - angesetzt wurde der dauerhafte Gebrauch
zwei Uniformen, und dies als einzige Bekleidung tagtäglich. In einer
Zeit ohne chemische Reinigung oder Waschmaschine, eine sparsame
preußisch lange Zeit. Die Unterwäsche ( Zwei Garnituren) wurde überdies
wöchentlich getauscht, an Halsbinden wurden zwei Garnituren ausgegeben.

Die Uniformen wurden sorgsam behandelt- der preußische Soldat trägt
zu vielen Gelegenheiten- Essen, Putz- und Flickstunde, eine blaue Schürze.
Vom ewigen Klopfen der Griffe zeigt auch die preußische Uniform Abnutzungs-
erscheinigung im Bereich der linken Schulter- kein Scherz. Der Stoff wird ab-
oder gar durchgewetzt. Für die vierte Garnitur gibt der Kammerunteroffizier
deshalb sogenannte "Schulterschoner" aus, einen Stofflappen mit Bändern,
der beim Exerzieren mit Gewehr auf der linken Schulter befestigt wird. Die
zigfach geflickte fünfte Garnitur- Soldaten in (Blauen) geflickten Uniformen
auf dem Kasernenhof sind vor 1914 keine Seltenheit- wird igendwann, selbst
nach den sparsamsten preußischen Maßstäben, für den täglichen Dienst
"untragbar" und somit zur fünften Garnitur. Die fünfte Garnitur sollte in
Friedenszeiten zum aktiven Dienst nie, in Kriegszeiten zur Ausbildung und
ansonsten nur "auf Anforderung" herausgegeben werden.
 

Lang lebe der Reservemann!
Nach Beendigung des Wehrdienstes kehrt der
Soldat heim und ist nunmehr Teil der Reserve.
Zum Antritt der Wehrpflicht erscheint man
im Kaiserreich wie auch heute noch in Zivil.
Im Gegensatz zu heute hat man auch einen
Koffer oder einen Karton- später den  berühmten
von "Persil" dabei, um die Zivilkleider per Post nach
Hause zu schicken- man trägt per Gesetz fortan
Uniform. In der Regel tritt man nach dem Ende
der Militärzeit die Reise aber gerne in Uniform
an- wie auf der Abbildung dargestellt.Hierzu wird
von der Kammer die fünfte oder sechste Garnitur
ausgegeben, die nach Erreichen des Heimatortes
zurückgeschickt wird. Diese Regelung, ursprünglich nur
für "Bedürftige" opportun, d.h: Für Soldaten, die " über
keine oder keine ausreichende Zivilkleidung verfügen",
hat sich aber seit den 1890er Jahren rasch abgeschwächt-
zu gerne traten die Reservisten die letzte Fahrt in Uniform an. Im Bild ein Reservist in guter
Uniform, normalerweise die geflickte und überpinselte ( Man färbte auch die schlechten
Uniformen bei Preußens mit Pinsel und Farbe! ) . Rechts trägt er sein Bündel im Sacktuch,
links hält er stolz die Troddel des Seitengewehrs in der Kompaniefarbe- die Troddel wurde
mitgegeben. Die Schulterklappen sind eingerollt, dies entspricht der Tragevorschrift für
Uniformen von 1895- dies ist eine Bekleidung für entlassene Soldaten, das Einrollen der
Schulterklappen macht die Uniform für die Militärverwaltung zur Zivilkleidung.
 

Im Weltkrieg wurde in der Rekrutenausbildung oft weiterhin die blaue Uniform aus-
gegeben, es sind auch Gruppenaufnahmen aus der Ausbildung mit gemischt blau oder
feldgrau Eingekleideten zu sehen. Sind die Knöpfe und Haken an der blauen Uniform
blank, zeigen sie an der feldgrauen Uniform die preußische Krone. Aus Tombak her-
gestellt, werden sie auch an der feldgrauen Uniform zum Appell in der Heimat und der
Etappe blank geputzt. Dies ändert sich 1915, als aufgrund Materialmangels Knöpfe,
Koppelschlösser, Helm- und Ausrüstungsbeschläge aus lackiertem oder verzinktem
Eisenblech hergestellt werden. Zur Egalisierung wird angeordnet, daß alle Metallteile
einheitlich lackiert werden sollen- so werden auch Koppelschlösser und Helmbeschläge
aus Messing feldgrau lackiert. Die Knöpfe werden 1915 feldgrau, ab 1916 überwiegend
dunkelsandfarben lackiert. Im weiteren Kriegsverlauf wird auch die Ausrüstung stark
"entfeinert" und möglichst auf Ersatzstoffe zurückgegriffen. Feldflaschen, Kochgeschirre
und Trinkbecher werden statt aus Aluminium aus emaillierten Eisenblech hergestellt,
überflüsige Beriemungen entfallen, statt Wollfilz tut auch Kordstoff oder Reißwollfilz
als Feldflaschenbezug Dienst. Der Tornister wird ab 1914 nur noch aus Segeltuch
hergestellt. Trageriemen für Gasmaskenbüchsen, aber auch für Gewehre werden
aus "Papierstoff", eigentlich ein Gewebe auf Zellulosebasis, hergestellt.

   ( "Sammelt Brennesseln- die deutsche Baumwolle"!)

Insgesamt nimmt die Qualität der Uniformen und der Ausrüstungen bis zum Kriegsende
deutlich ab, die viel beschworene "Friedensqualität" wird nie wieder erreicht. Das um 1850
geschaffene Uniformbild hat sich trotz aller Änderungen bis 1914 eine  Kontinuität hinsichtlich
der Wiedererkennbarkeit bewahrt. Die blaue Uniform mit Pickelhaube steht für eine typische
Uniformmode preußischer bzw. deutscher Herkunft. Dieses Bild wird später abgelöst durch
den Feldgrauen mit Stahlhelm- die unverwechselbare Form des Helmes hat einen hohen
Wiedererkennungs- und Identifizierungseffekt, und hat auch sehr früh einen Symbolcharakter
erhalten- er steht als Sinnbild für den Frontkämpfer des Weltkrieges. Er findet sich auf dem
1918 gestifteten Verwundetenabzeichen, aber auch auf den Steckabzeichen und Koppel-
schlössern der nach ihm benannten 1919 gegründeten Frontkämpfervereinigung. Frei von
politischen Motiven wird er bei zahllosen Kriegerdenkmälern und Gedenktafeln als Symbol
verwendet, wie es auch im Krieg von 39-45 oft üblich war, die Gräber Gefallener mit dem
Helm zu schmücken.

Der Helm selbst wurde mit geändertem Innenfutter erst 1935 durch ein neueres Modell
abgelöst, das bei allen Veränderungen jedoch die Form bewahrte. Der ursprüngliche Helm
wurde bis Mitte des zweiten Weltkrieges bei Ersatz- und Reserveeinheiten weitergetragen,
aber auch verstärkt an verbündete Armeen abgegeben. 1944 sollte ein neues Modell ein-
geführt werden, daß wesentlich bessere Schutzeigenschaften aufwies. Durch die starke
Abschrägung der Helmglocke nach allen Seiten wurden eine wesentlich bessere Schutz-
funktion erreicht, durch die neue Form entfiel auch das unangenehme Rauschen des sich
im Helmrandes einfangenen Windes. Aufgrund des Symbol- und Identifizierungsfaktors
des traditionellen Helmes wurde aber auf eine Einführung verzichtet. Getragen haben ihn
dann die Streitkräfte der Nationalen Volksarmee, anfangs sogar, in Anknüpfung an die
vormaligen Traditionen, mit einem seitlich angebrachten Wappenschild. Die in der Bundes-
republik neu formierten Streitkräfte haben zunächst radikal mit der traditionellen deutschen
Tradition gebrochen und sich ein betont amerikanisches Äußeres gegeben, einschließlich
eines amerikanischen Helmes. Die junge Fallschimtruppe der Bundeswehr trug zu Beginn
noch den Helm deutschen Musters von 1937, wechselte aber bald zum amerikanischen
Modell, während die amerikanische Fallschirmtruppe kurzfristig mit dem deutschen Modell
liebäugelte und auch im Truppenversuch erprobte.

Während des ersten Weltkriegs wurden von den Amerikanern verschiedene Helmmodelle
erprobt, deren geeignetstes jedoch zu sehr gerade dem deutschen ähnelte; dieser Helm
wurde 1918 von der Schweiz angenommen. Bis 1940 trugen die Amerikaner ein britisches
Muster, bis ein vollkommen neues Modell eingeführt wurde. Nach 1980 setzte sich ein
Gefechtshelm aus Kunststoff durch, der in der Form dem alten deutschen Modell ähnelt
und inoffiziell als "Fritz" bezeichnet wird, und in ähnlicher Form sich auch bei den Verbün-
deten, einschließlich der Bundeswehr, durchgesetzt hat. Bundesgrenzschutz, Polizei,
Feuerwehr, DRK usw. hatten nach dem zweiten Weltkrieg im Gegensatz zur Bundeswehr
keinen Abgrenzungsbedarf zur vorherigen Militärtradition und trugen bzw.tragen den
1935er Helm oder dessen Weiterentwicklungen. Abschließend als Beleg für den tatsächlichen
Symbolgehalt dieses Helmes sei noch als Beispiel angeführt, daß die ägyptische Präsidenten-
garde, so lange sich Ägypten am Ostblock orientierte, einen Stahlhelm der NVA trug, während
nach der Orientierung hin zum Westen ein deutsches Modell 1935 eingeführt wurde.