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Beim Auszug 1914 trägt die Infanterie die
feldgraue Uniform 1907/10, mit ponceauroten
Vorstößen. Die Pickelhaube wird mit Überzug
getragen, auf dem die Regimentsnummer zu-
nächst in rot,ab Dezember 1914 in grün auf-
genäht oder gedruckt ist. Ab Frühjahr 1915
entfällt die Regimentsnummer. Die Pickelhau-
be wird ab diesem Zeitpunkt an der Front
ohne Spitze getragen. Bedingt durch die wirk-
same englische Blockade werden die impor-
tierten Rohstoffe knapp.
Auf einen längeren Konflikt hatte sich keine
der kriegführenden Nationen eingestellt, dies
zeigt sich in den Munitions- und Versorgungs-
krisen in Frankreich und Deutschland nach den
ersten drei Monaten des Feldzuges 1914. Von
den fast zwei Millionen Kriegsfreiwilligen in
Deutschland kann nur ein kleiner Teil eingestellt
werden, weil die bestehende Struktur sie nicht
aufnehmen kann, und vor allem Uniformen, Ausrüstungen und Waffen nicht zur Verfügung
stehen. Im Vergleich zu dem Weltkrieg von 1939/45, wo erst im Jahr 1944 die Industrie
ihre höchste Effizienz erreicht, führen die Bemühungen der Industrie- ohne staatliche
Lenkung- bereits Ende 1914 zur Bildung eines Gremiums zur Rüstungskoordination und der
Rohstoffbewirtschaftung. Im Laufe des Jahres 1915 steht faktisch das gesamte Industrie-
potential der Rüstung zur Verfügung.

Durch die Blockade von den Rohstoffmärkten abgeschnitten, werden im Verlaufe des
Krieges zahlreiche Ersatz- und Sparstoffe entwickelt. Dazu zählt u.a. das Verfahren, das
für die Munitionsherstellung benötigte Salpeter auf chemischem Wege aus der Luft zu ge-
winnen, aus Zellulose werden Papierspinnstoffe hergestellt, aus Steinkohle wird Treibstoff
synthetisiert, etc. Und natürlich werden auch die Kirchenglocken heruntergenommen und
eingeschmolzen. 1917 erreicht die Rüstungsindustrie ihren höchsten Stand; gleichzeitig
ist aber auch in der Quantität und Qualität der Versorgung ein neuer Höchststand- in
negativer Hinsicht- erreicht. Im April 1917 treten in mehreren Berliner Rüstungsbetrieben
die Arbeiter in den Streik-für mehr Brot. Deutschland hungert. Nach dem Krieg wird eine
wissenschaftliche Kommission schätzen, daß in Deutschland und Österreich-Ungarn fast
1,2 Millionen Menschen während des Krieges an Unterernährung gestorben sind.

Eine gute Versorgung wird nur noch den an der Front stehenden Soldaten zuteil- die
andren hungern mit. Der Rohstoffmangel wirkt sich auch auf die Uniformen und Aus-
rüstungen aus, aber auch pratische Erfahrungen zeigen Wirkung auf das Erscheinungs-
bild der Feldgrauen im Weltkrieg.

Da kein argentinisches Leder für die Pickelhauben in ausreichender Menge zur Verfügung
steht, werden schon Ende 1914 Ersatzhelme eingeführt, deren Helmkörper aus gepreßtem
Filz, geprägtem Stahlblech oder stoffbezogenem gepreßtem Kork bestehen. Als Verbesserung
wird eine nunmehr abnehmbare Spitze mit Bajonettverschluß eingeführt. Statt des für die
Munitionsherstellung nunmehr kriegswichtigen Messings werden die Beschläge aus feldgrau
lackiertem Eisenblech hergestellt, als Nebeneffekt kann so auch teilweise der Helmbezug
eingespart werden, da die Helmbeschläge kein Licht mehr reflektieren. Die Helme werden
stark vereinfacht hergestellt, teilweise entfallen- je nach Modell- die Vorderschirmschiene,
Hinterschiene, sehr oft auch die Kokarden. Die Pickelhaube wird 1916 nach französischem
Vorbild durch einen Stahlhelm abgelöst, der sehr viel besser als der Lederhelm gegen die nun
in der Statistik der tödlichen Verwundungen an erster Stelle rangierenden Kopfverletzungen
durch Metall- und Gesteinssplitter tritt.

Die Uniform wird im Schnitt vereinfacht. Der Waffenrock wird im Frühjahr 1915 in einem
vereinfachten Schnitt hergestellt; die rückseitigen Taschenpatten entfallen, die Ärmelauf-
schläge werden durch einen unpaspelierten Umschlag ersetzt. 1915 wird eine Einheits-Feld-
bluse eingeführt, welche alle bisher gebräuchlichen Röcke ersetzen soll. In Anlehnung an die
eingeführten Litewken ist sie weit geschnitten, und soll nicht mehr "Auf Taille sitzen". Im
Gegensatz zu der vorherigen Uniform zeigt sie kaum Knöpfe- vorne wird die Bluse mit fünf
Horn- oder Holzknöpfen geschlossen, die unter einer Knopfleiste verborgen sind. Im Rücken
ein Bewegungsschlitz, der Ärmel ist geschlitzt und kann mit einem Knopf verengt werden,
hat aber jeglichen Aufschlag verloren. Als Novum ist der Kragen gegenüber dem Grundtuch
farblich ein einem dunklen Grün abgesetzt. Ähnlich ist der ebenfalls 1915 eingeführte
Einheitsmantel ausgeführt, nunmehr für alle Dienstgrade einreihig.

Bis zum Kriegsende werden  alle Uniformmodelle- das Modell 07/10, die vereinfachte
1910er und die Bluse- nebeneinander getragen und auch produziert. Ganz pragmatisch
werden verschlissene Uniformteile durch gerade verfügbare Stücke ersetzt- auf Uni-
formität wird kein Wert gelegt, und so sieht man auf Gruppenbildern die Soldaten der
gleichen Korporalschift oft in den verschiedensten Uniformmodellen. Der flandrische
Schlamm zieht den Soldaten die Stiefel von den Füßen; als der Feldzug zum Grabenkrieg
erstarrt, werden von den Fronttruppen nach französischem Vorbild die Schnürstiefel mit
Wickelgamaschen getragen. Unwahr ist, daß die Herstellung und Ausgabe der Schaftstiefel
(Knobelbecher) aus Materialmangel eingestellt wird, wie gelegentlich behauptet wird; bis
zum Kriegsende erhält jeder Soldat ein Paar Knobelbecher und ein paar Schnürstiefel.

   ( Hingegen geht um 1917 ein Großteil des verbündeten osmanischen Heers barfuß-
     Deutschland und Österreich-Ungarn liefern den Verbündeten in diesem Jahr u.a.
     knapp eine Million Paar Stiefel. )

Weitere Änderungen am Erscheinungsbild
des deutschen Infanteristen ergeben sich aus
praktischen Erfahrungen. Die bunten Mützen-
bänder der Feld- und Schirmmützen werden
schon bald durch feldgraue Bänder verdeckt,
die vorne mit einem Knopfloch über der Kokarde
und hinten mit einem Riegel oder mit Knöpfen
befestigt werden. 1917 wird eine Einheitsmütze
für alle Truppengattungen eingeführt, die mit
dunklem, grünlichem Besatztuch besetzt bzw.
vorgestoßen ist. Die Seitengewehrtroddeln aus weißem Material wird ab 1915
auch aus grauem Material hergestellt. Im Einsatz wird der Tornister nicht mehr getragen;
um 1908 wird versuchsweise das nebenstehend abgebildete Sturmgepäck erprobt, das
sich aber nicht durchsetzt. Allgemein wird im Graben der Brotbeutelriemen als Tragehilfe
um den Hals gelegt und an den Patronentaschen eingehängt Oft wird auch ein Sturm-
gepäck getragen, das ähnlich der Abbildung aus Zeltbahn und Kochgeschirr besteht und
mit Mantel- und Brotbeutelriemen in Art eines Rucksacks getragen wird. Je nach Einsatz
wird auch weiterhin die Zeltbahn, der Mantel oder eine Decke quer über der Schulter getragen.